Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs
Mitglieder der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.04.1916.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Die 1910 begründete Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreich (VBKÖ) gilt als erster Künstlerinnenverband Österreichs. Deren erste, selbstkonzipierte Ausstellung »Die Kunst der Frau« – ein Rückblick über die Leistungen der Frau in der Kunst – fand 1910/11 in den Räumlichkeiten der Wiener Secession statt.
Im Februar 1910 erfolgte die Gründung der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreich mit dem Ziel Frauen in der männerdominierten Kunstszene mehr Präsenz und Anerkennung zu verleihen, diese zu legitimieren und zu fördern. Schon ein Monat später verhandelte Olga Brand-Krieghammer, erste Präsidentin der Vereinigung, erfolgreich mit der Künstlergenossenschaft Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession zwecks der Veranstaltung einer internationalen Kunstschau in den Räumlichkeiten der Wiener Secession, die eine umfangreiche »historische Rückschau über die Leistungen der Frau in der Kunst« geben sollte.
Johanna Meier-Michel: Plakat der XXXVII. Secessionsausstellung, Die Kunst der Frau, 1910, Albertina, Wien
© ALBERTINA, Wien
»Die Kunst der Frau«
Die Wiener Secession, die das Vorhaben unterstützte, stellte schlussendlich der jungen Vereinigung ihre Räumlichkeiten ab Spätherbst 1910 für die Retrospektive »Die Kunst der Frau« zur Verfügung. Der Künstlerinnenverband und die Secessionisten veröffentlichten aus diesem Anlass gemeinsam einen umfangreichen Ausstellungskatalog mit dem Titel »XXXVII. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession, Wien – I. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs. Die Kunst der Frau«.
Die Ausstellungseröffnung selbst erfolgte Anfang November im Beisein des Schirmherrn, Erzherzog Rainer. Die Kollektivausstellung, die unter anderem vom k. k. Unterrichtsministerium subventioniert wurde, umfasste Werke von nationalen und internationalen Künstlerinnen sowie zahlreiche Leihgaben aus öffentlichen Sammlungen und Privatgalerien aus ganz Europa. Die Ausstellung, die bereits im Jänner 1911 wieder zu Ende ging und insgesamt über 13.000 Besucher verzeichnete, wurde von den österreichischen Medien sehr unterschiedlich bewertet. Während die traditionelle, konservative Presse harte Kritik übte, veröffentlichten vor allem Frauenzeitschriften durchaus positive Rezensionen – stellvertretend hierfür ein Beispiel aus Der Bund – Zentralblatt österreichischer Frauenvereine:
»Alles in Allem genommen muss man sagen, dass diese erste Ausstellung der bildenden Künstlerinnen Oesterreichs ein grosser [!] Erfolg ist und eine schöne Versprechung für die Zukunft, dass sie so viel ehrliches Streben und tüchtiges Können gezeigt hat, dass sich die Frauen die Achtung für ihre Leistungen erzwungen haben.«
Interne Abspaltungen und Beständigkeit
1912 bezog der Künstlerinnenverband schließlich seine eigenen Räumlichkeiten im Hotel Astoria in der Maysedergasse im 1. Wiener Gemeindebezirk und setzte sein jährliches Ausstellungsprogramm – unter anderem im Hagenbund und Künstlerhaus – fort. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es erstmals zu internen Abspaltungen und es etablierten sich relativ kurzlebige Vereinigungen wie die Freie Vereinigung oder die Wiener Frauenkunst. Die Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs blieb jedoch – auch während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, die strukturelle Veränderungen und auch fragwürdige Entscheidungen mit sich brachten – weiterhin bestehen. Heute positioniert sich die VBKÖ – die ihre ambivalente Vergangenheit seit den 1990er Jahren offen aufarbeitet – als aufgeschlossene Organisation, die zeitgenössische, feministische sowie künstlerische Agenden pflegt und fördert.
Literatur und Quellen
- ÖNB. Ariadne. www.fraueninbewegung.onb.ac.at/VBKOE (06.04.2020).
- Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs. VBKÖ. www.vbkoe.org/geschichte (06.04.2020).
- Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs. Archiv. www.vbkoe.org/das-vbkoe-archiv/ (06.04.2020).
- Helene Littmann: Die Kunst der Frau, in: Österreichische Frauenrundschau. Mitteilungen der Vereinigung der arbeitenden Frauen, 01.12.1910, S. 2-3.
- Leopoldine Kulka: Die Kunst der Frau, in: Neues Frauenleben, Heft 12 (1910), S. 11-13.
- Der Morgen. Wiener Montagblatt, 06.06.1910, S. 9.
- Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 26. Jg. (1910/11), S. 193-202.
- Der Bund. Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine, 5. Jg., Heft 7 (1910), S. 9-11.
- Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (Hg.): Jahresbericht der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs für das Vereinsjahr 1910, Wien 1911.
- Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): XXXVII. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession - I. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstlerinnen Oesterreichs. Die Kunst der Frau, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 05.11.1910–08.01.1911, Wien 1910.