Moderne Galerie Wien

Ankäufe der Secession für die Moderne Galerie, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Im Mai 1903 eröffnete in Wien die Moderne Galerie. Diese staatliche Kulturinstitution entstand unter anderem auf Initiative der Wiener Secession, die seit ihrer Gründung stets die Errichtung einer öffentlichen Galerie für zeitgenössische Kunst forderte.

Die Wiener Secession befürwortete und forcierte seit ihrem Bestehen die Gründung einer zeitgenössischen Galerie. Bereits in ihren Vereinsstatuten hielt sie fest, dass sie für eine »dereinstige moderne Galerie« Ankäufe tätigen wollte, die durch den Reingewinn ihrer Ausstellungen finanziert werden sollten. Da die Frage zur Errichtung einer modernen Galerie politisch und medial um 1900 verstärkt diskutiert wurde, wandte sich die Vereinigung diesbezüglich mit einer Denkschrift an den Minister für Cultus und Unterricht und veröffentlichte diese 1901 in ihrer Zeitschrift Ver Sacrum. Die Secessionisten appellierten darin, die moderne Kunst zu fördern und verwiesen gleichzeitig auf die Notwendigkeit eine eigenständige, zeitgenössische Kulturinstitution zu schaffen:

»Nicht die Hinzufügung eines Depots für moderne Bilder zu den bestehenden Sammlungen alter Bilder hatten wir dabei im Sinne, sondern die Schaffung eines Institutes, das unserem Volke Gelegenheit bieten sollte, das gewaltige, die Kunst unserer Tage bewegende Drängen und Ringen nach neuen Idealen nachfühlend mitzuerleben.«

1902 erfolgte schließlich auf politischer Ebene eine Übereinkunft und der Beschluss eine neue Galerie für zeitgenössische Kunst zu gründen und diese zu finanzieren.

Galerie

Denkschrift an den Minister für Cultus und Unterricht publiziert im Ver Sacrum

  • Denkschrift an den Minister für Cultus und Unterricht, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
    © Universitätsbibliothek Heidelberg
  • Denkschrift an den Minister für Cultus und Unterricht, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
    © Universitätsbibliothek Heidelberg
  • Denkschrift an den Minister für Cultus und Unterricht, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 3. Jg., Heft 3 (1900).
    © Universitätsbibliothek Heidelberg

k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht (Hg.): Katalog der Modernen Galerie in Wien, Ausst.-Kat., Moderne Galerie (Unteres Belvedere, Wien), 07.05.1903, Wien 1903.
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Nach dem Regen (Garten mit Hühnern in St. Agatha), 1898, Österreichische Galerie Belvedere
© Belvedere, Wien

Eröffnung der Modernen Galerie (1903)
Die Moderne Galerie eröffnete im Mai 1903 im Unteren Belvedere im 3. Wiener Gemeindebezirk, wo sich zuvor die Ambraser Kunstsammlung befand, die in das neue Hofmuseum (heute: Kunsthistorisches Museum, Wien) übersiedelt wurde. Der Standort sollte nur als Provisorium dienen, bis die Moderne Galerie ihre eigenen Ausstellungsräumlichkeiten beziehen konnte, die im neu zu erbauenden städtischen Museum angedacht waren. Die Sammlung selbst umfasste zu Beginn ungefähr 200 Werke von namhaften Künstlern aus dem In- und Ausland, wie Ferdinand Waldmüller, Rudolf Alt, Hans Makart, Max Klinger und Giovanni Segantini. Dieses Sammlungsinventar wurde bereits seit einigen Jahren vom Ministerium für Cultus und Unterricht und der Wiener Secession zusammengetragen sowie durch mehrere Schenkungen ergänzt. Anlässlich der Eröffnung erschienen zahlreiche Ausstellungsrezensionen, mit Lob für die neue Kulturinstitution und deren Ziele, aber auch vereinzelt mit Kritik für die Secessionisten. So schrieb am 1. Mai 1903 Das Vaterland:  

»Nicht der Mode aber soll die moderne Galerie dienen, sondern das Beste der gegenwärtigen Zeit soll darin Platz finden, und das findet sich doch gewiß [!] nicht allein im Lager der Secession. […] Sind ihre Werke so vortrefflich, so mustergültig wie sie immer behaupten, so kann es nur von Vortheil [!] für sie sein, wenn sie neben Bildern gestellt werden, die im Sinne der traditionellen Kunst gemalt sind.«

Zu diesem Zeitpunkt besaß die Moderne Galerie bereits drei Gemälde von Gustav Klimt. Porträt Josef Lewinsky als Carlos in Clavigo (1895, Belvedere, Wien), Nach dem Regen (Garten mit Hühnern in St. Agatha) (1898, Belvedere, Wien) und Am Attersee (1900, Leopold Museum, Wien) wurden zwischen 1900 und 1902 erworben. 1908 erwarb das Ministerium für Cultus und Unterricht schließlich auch das Gemälde Der Kuss (Liebespaar) (1908/09, Belvedere, Wien) auf der »Kunstschau Wien«.

Von der Modernen Galerie zur Österreichischen Galerie Belvedere
1911 wurde die Moderne Galerie in k. k. Österreichische Staatsgalerie umbenannt. Der ursprüngliche Sammlungsauftrag behielt aber seine Gültigkeit. Neue zeitgenössische Kunstwerke wurden in den nächsten Jahren unter anderem mit Hilfe von bedeutenden Kunstmäzenen, wie Nicolaus Dumba, Victor Zuckerkandl oder auch Ferdinand Bloch-Bauer – allesamt Förderer Gustav Klimts – weiterhin angekauft oder der Galerie als Schenkung oder Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Einige Jahre nach dem Zusammenbruch der Monarchie erfolgte eine institutionelle Reorganisation und die Umbenennung in Österreichische Galerie. 1938 schloss jedoch die seit 1903 bestehende Institution für zeitgenössische Kunst. Darüber hinaus musste während des Zweiten Weltkrieges das gesamte Inventar des Museums evakuiert werden. Darunter befanden sich auch Klimt-Gemälde, die zuvor beschlagnahmt oder veräußert worden waren. Einige davon verbrannten kurz vor Kriegsende auf Schloss Immendorf.

Das Museum eröffnete offiziell erst wieder 1953. Die Kulturinstitution wird seit 2000 unter den Namen Österreichische Galerie Belvedere geführt und besitzt heute die weltweit größte Gemäldesammlung von Gustav Klimt. 2006 restituierte das Museum fünf Werke des Künstlers an die rechtmäßigen Erben.

Literatur und Quellen

  • Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 4, Wien 1995, S. 282.
  • Felix Czeike (Hg.): Historisches Lexikon Wien, Band 2, Wien 1993, S. 450-451.
  • Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. www.lexikon-provenienzforschung.org/österreichische-galerie (27.04.2020).
  • k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht (Hg.): Katalog der Modernen Galerie in Wien, Ausst.-Kat., Moderne Galerie (Unteres Belvedere, Wien), 07.05.1903, Wien 1903.
  • Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 4. Jg., Heft 20 (1901).
  • Ludwig Hevesi: Die moderne Galerie in Wien, in: Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, N.F., 14. Jg., Heft 29 (1902/03), Spalte 457-462.
  • Neues Wiener Journal, 05.05.1903, S. 4-5.
  • Illustrirtes Wiener Extrablatt, 05.05.1903.
  • Illustrirtes Wiener Extrablatt, 11.01.1902, S. 2.
  • Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 01.05.1903, S. 1-2.
  • Wiener Zeitung, 06.05.1903, S. 5-6.
  • Neues Wiener Tagblatt, 07.08.1908, S. 11.
  • Neues Wiener Journal, 10.01.1902, S. 2.
  • Neue Freie Presse (Morgenausgabe), 10.04.1903, S. 5-6.