Café Museum

Café Museum Außenansicht, 1899
© ALBERTINA, Wien

Werbung für das Café Museum, in: Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession (Hg.): XX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Oesterreichs Secession Wien. März April Mai 1904, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 26.03.1904–12.06.1904, Wien 1904.
© Bibliothek des Belvedere, Wien

Blick in das Billardzimmer des Café Museum von Adolf Loos, um 1911
© Wien Museum

Wilhelm Gause: Café Museum, Gibson-Zimmer, 1899
© Wien Museum

Wiener Secession, um 1898, in: Wiener Bauindustrie-Zeitung und Wiener Bauten-Album, 17. Jg., Band 1 (1899/1900).
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek

Moriz Nähr: Gustav Klimt mit den beteiligten Künstlern der XIV. Secessionsausstellung, April 1902, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Café Museum Innenansicht, Blick durch den linken Flügel nach der Umgestaltung durch Josef Zotti, fotografiert von Bruno Reiffenstein, 1931
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

In einem der ältesten Gebäude der Ringstraßenzone gelegen, wurde das von Adolf Loos innovativ gestaltete Café Museum regelmäßig von der Wiener Kunst- und Kulturszene frequentiert. Auch Gustav Klimt verkehrte im sogenannten »Secessionisten-Tschecherl«.

Die Anfänge
Ursprünglich war das von Ludwig Frisch geführte Café mit dem Beinamen »Zum Museum« gegenüber dem Kunsthistorischen Museum situiert (Babenbergerstraße 5, Wien-Innere Stadt). Seit dem Jahr 1899 ist das Café Museum – der Name wurde in abgewandelter Form beibehalten – an der Ecke Operngasse 7/ Friedrichstraße 6 (Wien-Innere Stadt) in unmittelbarer Nähe zum Gebäude der Wiener Secession untergebracht. Der Ausstattungsauftrag erging ursprünglich an den Otto Wagner-Schüler und späteren Architekten der Urania, Max Fabiani. Dieser übertrug die Gestaltung jedoch auf Adolf Loos.

Die Loos'sche Zurückhaltung
Die Einrichtung des Café Museum versinnbildlichte die Prämisse von Loos, sich sowohl vom Historismus als auch von den zeitgenössischen Ausformulierungen der Wiener Secession zu distanzieren. Loos kreierte für das Café Museum ein Gesamtkonzept, das die Materialsichtigkeit hervorhob und sich zugleich in Praktikabilität übte. Inspirierend für die Ausstattung dieses Etablissements waren die Wiener Kaffeehäuser der Ringstraße mit Möbeln aus der Biedermeier Epoche. Loos schätzte die Formensprache dieser Zeit, wie auch die des englischen Chippendale-Stils. Darüber hinaus ließ er die während seines mehrjährigen USA-Aufenthaltes gewonnenen Eindrücke in die Gestaltung miteinfließen. Bereits dieses Ensemble festigte seine Position als Antagonist von Josef Hoffmann, dessen Architektur und zur Secession generell, auch wenn das humoristische Wochenblatt Kikeriki sarkastisch berichtete:

»Der modern secessionistischen Richtung, der wir sonst wenig Erfreuliches verdanken, ist hier mit Rücksicht auf den Wiener Geschmack glücklich Rechnung getragen, jedermann wird sich hier anheimelnd gemütlich fühlen.«

»Eine Sehenswürdigkeit Wiens ist das neu eröffnete Café Museum«
In diesem aus zwei weitläufigen, gewölbten Raumfluchten gebildeten Kaffeehaus befand sich dem Eingang gegenüber eine abgerundete Sitzkassa aus dunklem Mahagoni-Holz. Dieses Material war auch für die Billardtische vorgesehen, die sich im Raum links der Kassa befanden. Weitere Sitzreihen waren entlang der Wand- und Fensterreihen untergebracht. Die unterschiedliche Länge der beiden Raumflügel kaschierte Loos durch eine verspiegelte Holzwand mit einer Bilderserie über Jagd und Pferderennen, wobei der Raum einem modernen Männerclub glich und die Vorliebe Loos‘ für die angelsächsische Kultur widerspiegelte. Daran schloss das sogenannte »Gibsonzimmer« an. Der moderne Sport von Frauen und Männern in aktueller Sportbekleidung als Bilderserie des amerikanischen Illustrators Charles Dana Gibson charakterisierte dieses Zimmer. Das Sitzmobiliar stammte von der Prag Rudniker Korbwarenfabrikation.

Der Raum rechts der Kassa war mit klassischen Kaffeehaus-Ensembles ausgestattet. Loos optimierte für die gesamte Bestuhlung gängige Serienmodelle, die von der Bugholzfirma Jacob & Josef Kohn angefertigt wurden. Das dabei verwendete Buchenholz wurde in einem Rotton gebeizt. Diese Farbgebung sorgte in Kombination mit den Wänden, die mit mattgrünen Velourtapeten mit löschpapierartiger Körnung versehen waren, für ein kontrastreiches Erscheinungsbild. Messingleisten rahmten nahezu alle Wände. Weitere Einfassungen aus diesem Metall schützten die Beine der Billard- sowie Marmortische. Zusätzlich schuf Loos für das Café Museum ein innovatives, elektrisches Beleuchtungssystem aus Messing, das zeitgleich auch als Hutablage fungierte.

Das Café Museum und die Wiener Secession
Obwohl die Ausstattung dieser Lokalität von einem Kritiker der Wiener Secession entworfen wurde, avancierte dieses Café kurz nach seiner Eröffnung zu einem wichtigen Versammlungsort ihrer Mitglieder und anderer Kunstschaffender, wohl auch ob der örtlichen Nähe. Zu den Stammgästen zählten etwa Peter Altenberg, Albert Paris Gütersloh, Oskar Kokoschka, Karl Kraus, Egon Schiele oder Franz Werfel. Carl Moll und seine Stieftochter Alma Schindler waren ebenso gern gesehene Gäste, wie Marie und Hugo Henneberg oder auch Friedrich Viktor Spitzer. Josef Hoffmann, Kolo Moser, Joseph Maria Olbrich, Alfred Roller, Otto Wagner und Gustav Klimt war ein eigener Stammtisch vorbehalten, wie sich der deutsche Maler Walter Klemm, der sich an der »Kunstschau Wien 1908« beteiligte, erinnerte. Zudem überlieferte er, dass auch Amiet, Hodler, Munch und weitere ausländische Gäste der Secession dort frequentierten. Aus der Korrespondenz von Fritz Waerndorfer mit Hermann Bahr geht hervor, dass sie hier 1903 das Konzept für ihr Buchprojekt Gegen Klimt besprachen, in dem sie die Kritik an den Fakultätsbildern als Ausdruck einer unzeitgemäßen Gesinnung brandmarkten. Loos selbst war ebenfalls Stammgast und versammelte an seinem Tisch die Studierenden der nahe gelegenen Technischen Hochschule und der Akademie der bildenden Künste.

Der Kunstkritiker Ludwig Hevesi, ebenso Verfechter der Wiener Secession, erläuterte im Mai 1899: »Als aufrichtiger Nichtsezessionist gibt sich Adolf Loos in seinem ›Café Museum‹. […] er hat seine Sache gut gemacht. Etwas nihilistisch zwar, sehr nihilistisch, aber appetitlich, logisch, praktisch. Und ungewohnt, was auch ein Verdienst ist.« Des Weiteren erläuterte Hevesi, dass sich Loos »nicht als Feind der Sezession ausgebe, aber als etwas anderes [!], denn modern sind schließlich beide.« Fortan war dieses Etablissement auch unter dem Namen »Café Nihilismus« bekannt.

Die Neugestaltungen des Café Museum
Im Jahr 1931 wurde das originale Interieur durch die Ausstattung des Josef Hoffmann-Schülers und Chefdesigners der Prag Rudniker Korbwarenfabrikation, Josef Zotti, ersetzt. Er löste den schlichten von Loos propagierten Stil durch den Einbau von roten gebogenen Kunstlederbänken auf und ersetzte die Bugholzstühle durch anderes Sitzmobiliar. Bereits rund zwei Jahrzehnte zuvor wurde er mit der Fertigung einer Korbbalustrade um die Straßensitzplätze des Cafés beauftragt.

Lange Zeit blieb die Inneneinrichtung von Zotti erhalten, bis zu Beginn der 2000er-Jahre eine Generalsanierung veranlasst wurde. Das puristische Raumkonzept von Loos wurde rekonstruiert, was jedoch zu herber Kritik führte, sodass die Einrichtung dieses Etablissements seit 2010 wieder auf das Design von Zotti referiert.

Literatur und Quellen

  • Ludwig Hevesi: Aus dem Wiener Kunstleben, in: Mittheilungen des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Monatsschrift für Kunst und Gewerbe, 2. Jg., Heft 5 (1899), S. 196-197.
  • Ludwig Hevesi: Kunst auf der Straße. 30. Mai 1899, in: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905). Kritik – Polemik – Chronik, Wien 1906, S. 170-175.
  • Wien Geschichte Wiki. Cafe Museum. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Caf%C3%A9_Museum (15.04.2020).
  • Eva B. Ottillinger: Möbelgeschichten, ein Katalog, in: Eva B. Ottillinger (Hg.): Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten, Ausst.-Kat., Hofmobiliendepot - Möbel Museum Wien (Wien), 21.03.2018–07.10.2018, Wien - Köln - Weimar 2018, S. 76-78.
  • Michaela Schlögel: Klimt mit allen fünf Sinnen, Wien 2012, S. 88.
  • Elana Shapira: Style & Seduction. Jewish Patrons, Architecture and Design in Fin de Siècle Vienna, Waltham 2016.
  • Anthony Beaumont, Susanne Rode-Breymann (Hg.): Alma Mahler-Werfel. Tagebuch-Suiten. 1898–1902, 2. Auflage, Frank­furt am Main 2011, S. 604.
  • Kikeriki. Humoristisches Volksblatt, 23.04.1899, S. 5.