Wiener Wohnadressen
Gustav Klimts Geburtshaus in der Linzer Straße, vermutlich 1904-1911, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
Gedenktafel am Geburtshaus Gustav Klimts
© Klimt-Foundation, Wien
Im Laufe seines Lebens wohnte Gustav Klimt gemeinsam mit seiner Familie an einer Vielzahl von Adressen. Von Baumgarten, damals noch zu Niederösterreich gehörend, zog die Familie Klimt nach Wien. Nach zahlreichen Adresswechseln ließ sich Klimt ab 1897 mit Mutter und Schwestern bis zu seinem Tod in der Westbahnstraße 36 nieder.
Am 14. Juli 1862 wurde Gustav Klimt als zweites Kind der Familie im Wiener Vorort Baumgarten, Haus Nr. 4 (heute: Linzer Straße 247), geboren. Das Geburtshaus wurde 1966 abgerissen, konnte davor aber noch fotografisch von Moriz Nähr (einem Fotografen und Freund Klimts) dokumentiert werden. Diese Fotografien zeigen ein einstöckiges Wohnhaus, das direkt an einer Straßenbahnhaltestelle mit angrenzendem Nähgeschäft lag. Laut Christian M. Nebehay befand sich die Wohnung der Eltern gleich rechts vom Hauseingang. Die originale Gedenktafel, die nach Klimts Tod am Geburtshaus angebracht worden war, befindet sich heute im Bezirksmuseum Penzing. Bald nach Gustavs Geburt übersiedelte die Familie nach Penzing, das damals, ebenso wie Baumgarten, noch zu Niederösterreich gehörte. Dort wohnte sie in einem nicht näher identifizierbaren Gasthaus an der Adresse Linzer Straße 189, wo Ernst Klimt geboren wurde. Die Familie muss danach noch einmal übersiedelt sein, denn die zweite Tochter Hermine Klimt wurde 1865 in Baumgarten Nr. 12 (heute: Linzer Straße 265) geboren.
Vagabundenleben und »Zinskasernen«
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten waren die Klimts gezwungen, innerhalb kürzester Zeit mehrmals umzuziehen. Zwischen 1867 und 1873 wohnten sie in der Lerchenfelder Straße Nr. 50, Wien VIII (Haus zum Goldenen Löwen). Hier wurden Gustav Klimts Bruder Georg und seine Schwester Anna geboren.
Nach einem Zwist mit dem Hausherrn übersiedelten die Klimts in die Neubaugasse 51, Wien VII (Haus zur blauen Flasche). Hier kam die jüngste Tochter Johanna zur Welt. Ab spätestens 1874 lautete die Adresse der Familie Wien XV, Märzstraße 48. Hier starb noch im selben Jahr die kränkliche Anna Klimt jun. und 1877 ging es retour in die Neubaugasse, diesmal Nummer 8. Das Jahr darauf wohnte die Familie in Wien VI, Mariahilfer Straße 75, 3. Stock, Tür 37.
Gustavs Schwester Hermine bezeichnete die diversen Wohnungen ihrer Kindheit in ihren handschriftlichen Aufzeichnungen über das Leben ihres Bruders als »Zinskasernen«. Damit meinte sie kleine Räumlichkeiten mit äußerst schmalen Treppenhäusern, Sanitäranlagen am Gang und Zimmer ohne Tageslicht. Die Wohnhäuser dürften sich in schlechtem Zustand befunden haben. So wurde beispielsweise das »Haus zur blauen Flasche« kaum zehn Jahre nach dem Auszug der Klimts wegen akuter Baufälligkeit und Verfalls saniert. Jedes Mal wenn die Miete nicht mehr gezahlt werden konnte, musste die Familie die Wohnung räumen und weiterziehen.
Ab 1879, beginnend mit der Mitarbeit Ernst und Gustavs an diversen Aufträgen ihrer Kunstlehrer, verbesserte sich die finanzielle Situation der Familie. Beide Söhne verfügten nun über ein Einkommen mit dem sie ihre Eltern unterstützen konnten.
1884 erfolgte der Umzug in die Stuckgasse 6, 2. Stock, Wien VII. Ernest Klimt sen. scheint ab 1889 in Lehmann‘s allgemeinem Wohnungsanzeiger an dieser Adresse auf. 1890 zog die Familie nach Wien VII, Burggasse 47. Ernest Klimt sen. wird in Lehmann‘s erstmals 1891 an dieser Adresse erwähnt. Ein Autograf von 1893, adressiert an Gustav Klimt, Burggasse 47, bestätigt, dass auch der 31jährige Maler damals noch im Elternhaus wohnte. Sein Bruder Ernst jun. hingegen war 1891 nach der Ehe mit Helene Flöge in eine eigene Wohnung gezogen.
Gustav Klimts Wohnung in der Westbahnstraße, vermutlich nach 1898, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien
Julius Zimpel: Wohnung von Gustav Klimt in der Westbahnstraße 36, 1918, ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien
© Leopold Museum, Wien
Die letzte Wohnadresse
Nach dem Tod des Vaters zog Gustav Klimt 1897 mit seinen unverheirateten Schwestern und seiner Mutter, für die er die Vormundschaft übernommen hatte, sowie seinem jüngeren Bruder Georg in eine gemeinsame Wohnung in Wien VII, Westbahnstraße 36, 2. Stock. In einem Brief berichtet Gustav Klimts Mutter Anna über den Umzug:
»[…] der Auszug erfolgt erst kommende Woche. Da die neue Wohnung gründlich gereinigt werden muß [!], und weil unsere jetzige Wohnung erst am November bezogen wird.«
Die neue Wohnung war für den Künstler äußerst gut gelegen, da sie sich sowohl in Gehweite seines Ateliers in der Feldmühlgasse 9 (heute: Nummer 11), seines Lieblingslokals - der Meierei Tivoli - als auch der damaligen Wohnadresse der Familie Flöge, Westbahnstraße 18, befand.
Zeitgenössische Fotografien dokumentieren die Einrichtung der Räume. Neben zahlreichen Gemälden der Brüder Ernst und Gustav Klimt befanden sich auch diverse Einrichtungsgegenstände und Möbel der Wiener Werkstätte in der Wohnung.
Die Meldezettel sowie die Einträge in Lehmann‘s allgemeinem Wohnungsanzeiger zeigen, dass die Wohnung ursprünglich auf Anna Klimt geschrieben war. Erst nach deren Tod 1915 ließ sich Gustav Klimt dort als Hauptmieter melden. In der Westbahnstraße 36 sollte er bis zu seinem Ableben 1918 gemeinsam mit seinen zwei ledigen Schwestern wohnhaft bleiben.
Literatur und Quellen
- Mona Horncastle, Alfred Weidinger: Gustav Klimt. Die Biografie, Wien 2018.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
- Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt. Atelier Feldmühlgasse 1911–1918, Wien 2014.
- Christian M. Nebehay (Hg.): Gustav Klimt. Dokumentation, Wien 1969, S. 12-16.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 31. Jg. (1889), S. 627, S. 1543.
- Neuigkeits-Welt-Blatt, 28.10.1881, S. 3.
- Gemeinde-Zeitung: unabhängiges politisches Journal, 25.05.1872, S. 4.
- Brief von Anna Klimt in Wien an Gustav Klimt (Anfang Juli 1897). GKA48.
- Korrespondenzkarte von Ferdinand Laufberger in Wien an Gustav Klimt in Wien (24.01.1880). GKA51.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 33. Jg. (1891), S. 1619.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 11. Jg. (1873), S. 283.
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 40. Jg., Band 1 (1898), S. 545.