Kuraufenthalte in Bad Gastein

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Bad Gastein an Hermann Flöge jun. in Wien, 12.07.1912, Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Bad Gastein an Friedrich Hetzer in Wien, 10.07.1913, Klimt-Foundation
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Barbara Flöge: Ansichtskarte von Barbara Flöge in Bad Gastein an Gertrude Flöge in Wien, mitunterschrieben von Emilie Flöge und Gustav Klimt, 03.07.1916, Sammlung Villa Paulick, courtesy Klimt-Foundation, Wien
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Gustav Klimt: Gastein, 1917, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen
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Um das seelische und körperliche Wohlbefinden zu steigern, verbrachten Gustav Klimt und sein Lebensmensch Emilie Flöge mehrere Kuraufenthalte in Bad Gastein. Die imposante Topografie des Ortes inspirierte den Jugendstilkünstler zu einem seit Kriegsende 1945 vermutlich verschollenen Landschaftsgemälde.

Das »Monaco der Alpen«
Das in Salzburg gelegene Bad Gastein galt bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert als mondäner Kurort von internationalem Rang. Schon Kaiser Franz Joseph I., Kaiserin Elisabeth von Österreich und Kaiser Wilhelm I. verbrachten hier regelmäßig Kuraufenthalte. Um den illustren Gästen ausreichend Nächtigungsmöglichkeiten bieten zu können, begann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine rege Bautätigkeit. Für sämtliche Gebäude zeichnete der ursprünglich aus dem Friaul stammende Baumeister Angelo Comini verantwortlich. Viele dieser Hotelanlagen prägen – wenn auch in veränderter Form – noch heute die Ortskulisse Bad Gasteins.

»Schöne Landschaft – viel Regen […] gute Luft – Wo[h]lbefund.« Gustav Klimt auf Kur in Bad Gastein
Die »kräftigste Alpentherme Europas […] mitten in der grossartigsten und herrlichsten Bergwelt […]«  – wie in einer österreichischen Tourismuszeitschrift zu Beginn des 20. Jahrhunderts inseriert wurde – diente ab dem Jahr 1912 auch mehrmals der Erholung von Gustav Klimt, zumeist in Begleitung von Emilie und Barbara »Betti« Flöge (geb. Stagl). Vorrangig nächtigten sie im Hotel Imperial (heute: Hotel Residenz) oder in der Dependance dieser Herberge. Der Zeit der Regeneration in Bad Gastein folgte häufig ein Sommerfrische-Aufenthalt am Attersee.

Im Jahr 1912 residierte Emilie Flöge bereits vor Klimt in der Villa Imperial, wie die Juni-Korrespondenzen der beiden aus diesem Jahr belegen. Klimt reagierte etwa in einer Ansichtskarte auf Emilies Hoffnung auf eine rasch einsetzende heilende Wirkung der Thermalquellen:

»[…] was willst Du, Tschapperl von den Bädern sofort und gleich spüren? Sei froh wenn Du in 3 Wochen etwas davon hast«.

Anfang Juli, kurz vor seiner Ankunft in dem noblen Kurort, lamentierte Klimt noch über »eine fade Woche«, vor der ihm »etwas sauergraut« sowie über das Wiener Wetter. Nach der wohlverdienten Erholung für einige Tage im Gasteinertal reiste er kurz vor seinem Geburtstag am 14. Juli weiter an den Attersee.

Im Juli des Jahres 1913 verweilte Klimt abermals in Bad Gastein. Dass das dort vorherrschende Wetter nicht seiner Vorstellungen entsprach, seiner Gesundheit jedoch zuträglich war, berichtete er im Juli Franziska Klimt, als er vom »schmählichen Wetter trotzdem bedeutendes Wohlbefinden« schrieb oder Emma Bacher-Teschner, der die Kurgäste Klimt, Emilie und Barbara Flöge, kurz vor der Abfahrt noch herzliche Grüße »aus dem größten Regennest der Welt« ausrichteten. Es folgten ein längerer Aufenthalt am Gardasee sowie eine Kurzvisite am Attersee. Auch der Sommer des Jahres 1914 war ab Ende Juni von einem Kuraufenthalt in Bad Gastein geprägt, bevor Klimt im Verlauf des Julis nach Weißenbach am Attersee reiste.

Nach einer einjährigen Pause sollte fast der gesamte Juli des Jahres 1916 von einem gemeinsamen Aufenthalt mit Barbara und Emilie Flöge im Kurort Gastein dominiert sein. Darüber hinaus verbrachte Klimt 1917 ebenfalls einen längeren Aufenthalt im »Monaco der Alpen«, wie dieser mondäne Ort auch genannt wurde. So erwähnte Klimt in einem Brief von 10. Juli an Erwin Böhler, seinem Auftraggeber, dass er am Sonntag, den 15. Juli 1917, nach Bad Gastein fahren solle. Tatsächlich hatte er seine dortige Unterkunft aber bereits ab 12. Juli gemietet. Zu dieser Zeit arbeitete er an dem Gemälde Dame mit Fächer (1917/18 (unvollendet), Privatbesitz). Es handelt sich dabei um jenes Werk, das gemeinsam mit Die Braut (1917/18 (unvollendet), Klimt-Foundation, Wien) auf einer Staffelei in seinem letzten Atelier in Wien-Hietzing verblieb. Frühe Korrespondenzen zwischen Emilie und Klimt aus diesem Jahr belegen, dass sich der Künstler »zermürbt, zermatscht, zerquetscht – mit allen Übeln des Unbehagens behaftet« fühlte. Ein mehrwöchiger Kuraufenthalt konnte diesem Unwohlsein möglicherweise Abhilfe verschaffen.

»[…] das smaragde Grün der Bergstadt Gastein.« Klimts Landschaftsgemälde Gastein
Obwohl Klimt die Zeit mit Flöge im Kurort in erster Linie zur Erholung nutzte, inspirierte ihn die einzigartige Topografie und Atmosphäre schließlich zum Landschaftsgemälde Gastein (1917, Verbleib unbekannt, seit Kriegsende 1945 verschollen). Erste Hinweise darauf gibt eine Korrespondenzkarte mit einer von Klimt verfassten Einpackliste. Diese Auflistung, wahrscheinlich aus dem Jahr 1916 oder 1917, enthält u.a. den Vermerk »Skizzen Gastein«, was vermuten lässt, dass das Malergenie auch dieses Gemälde durch Studien vorbereitet hatte. Überdies ist in Klimts letztem Skizzenbuch, das er zwischen Juni 1917 und Jänner 1918 für seine sogenannten »Einfallstudien« nutzte, ein Entwurf des Gastein-Gemäldes enthalten. Des Weiteren deuten Zeichnungen von Nadelbäumen in diesem Büchlein auf Klimts Beschäftigung mit der ihn umgebenden Natur während seines letzten Kuraufenthaltes hin.

Das Werk in quadratischem Format, das integrativer Bestandteil der Sammlung Lederer war, zeigt die kaskadenartig angeordneten Hotels am Nordwesthang des Ortes. Zu erkennen sind das Hotel Waismayr, das Hotel de l’Europe, der Elisabethhof sowie die Residenzen Wildbad, Reineke, Söntgen und Bellevue. Für die Wahl des Bildausschnittes nutzte Klimt wohl sein auch am Attersee präferiertes optisches Hilfsmittel, den »Motivsucher«. Bildlich bekannt ist dieses Gemälde durch einen monochromen Lichtdruck aus Max Eislers Mappenwerk aus dem Jahr 1931 sowie aufgrund einer von Moriz Nähr angefertigten Fotografie. Die von Klimt gewählten Farbakzente sind nicht mehr nachvollziehbar, Eisler weist jedoch auf »Weiß und Schwarzgrün, auf poliertes Elfenbein und Smaragd« hin.

Die Annahme, dass es 1945 auf Schloss Immendorf verbrannte, wurde immer wieder angezweifelt, da im Akt Immendorf des Österreichischen Bundesdenkmalamtes dieses Gemälde nicht auf der Liste »Bergung nach Immendorf der Klimtbilder aus der Sammlung S[erena]. Lederer« vom 3. März 1943 genannt wird. Es sollte im Jahr 1943 noch im Ausstellungshaus Friedrichsstraße (vormals: Secession) in der »Gustav Klimt Gedächtnisausstellung« präsentiert werden. Der Vergleich der beiden für diese Ausstellung vorhandenen Kataloge lässt jedoch darauf schließen, dass das Werk aufgrund eines kurzfristigen Entschlusses nicht zur finalen Präsentation gelangte.

Literatur und Quellen

  • Dillinger's Illustrierte Rundschau. Blätter für Reise und Fremdenverkehrs-Wesen, 12. Jg., Nummer 18 (1901), S. 15.
  • Emil Pirchan: Gustav Klimt. Ein Künstler aus Wien, Wien - Leipzig 1942, S. 88.
  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band III, 1912–1918, Salzburg 1984, S. 239-241, S. 246.
  • Stephan Koja (Hg.): Gustav Klimt. Landschaften, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 23.10.2002–23.02.2003, München 2002, S. 142-143.
  • Wolfgang Georg Fischer: Liebe Emilie! Klimt schreibt an Emilie Flöge, in: Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012, S. 47-50.
  • Tobias G. Natter (Hg.): Gustav Klimt. Sämtliche Gemälde, Wien 2012, S. 580.
  • Sandra Tretter: Gustav Klimts Naturvision im Atelier und auf Sommerfrische, in: Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten, Wien 2019, S. 27.
  • Brief von Gustav Klimt in Wien an Erwin Böhler, DLSTPW11 (10.07.1917), Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Bad Gastein an Julius Zimpel sen. in Wien (11.07.1912). GKA61.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Bad Gastein an Emma Bacher-Teschner in Hamburg, mitunterschrieben von Emilie und Barbara Flöge, DLSTPW18 (19.07.1913), Privatbesitz, courtesy Klimt-Foundation, Wien.
  • Max Eisler (Hg.): Gustav Klimt. Eine Nachlese, Wien 1931, S. 13.
  • Andreas Lehne: Die Katastrophe von Immendorf. Nach dem Archivmaterial des Bundesdenkmalamtes. Sonderband Gustav Klimt, in: Österreichische Galerie Belvedere (Hg.): Belvedere. Zeitschrift für Bildende Kunst (2006), S. 54-63.