Frankreich

Gustav Klimt: Ansichtskarte von Gustav Klimt in Paris an Emilie Flöge in Wien, 02.11.1909, Leopold Privatsammlung
© Leopold Museum, Wien

Musée Guimet in Paris mit Tibetanischem Torbogen,1908, Bibliothèque nationale de France, Paris
© gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

Les Folies Bergère in Paris, 1914, Bibliothèque national de France, Paris
© gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

Schwestern Wiesenthal im Vaudeville Theater, Paris, in: Comedia illustré. journal artistique bi-mensuel, 2. Jg., Nummer 3 (1909).
© gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

Musée Guimet, Japanische Sammlung, Bibliothèque nationale de France, Paris
© gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

Gustav Klimt bereiste die französische Hauptstadt Paris im Herbst 1909 gemeinsam mit seinem Künstlerkollegen und engem Freund Carl Moll. Sie besichtigten diverse Museen sowie private Kunstsammlungen. In der Forschung wird vermutet, dass die damaligen Eindrücke den Stilwandel Klimts ab 1910 mitbewirkten.

Gustav Klimt unternahm, seiner Korrespondenz nach zu schließen, nur eine einzige Reise nach Frankeich. Während seine Werke schon auf der Weltausstellung Paris (1900) gezeigt worden waren, blieb ein Besuch dieser Ausstellung durch Klimt jedoch aus.

Gemeinsam mit seiner engsten Vertrauten Emilie Flöge nahm Klimt über mehrere Jahre Französisch Unterricht, dürfte jedoch kein sonderlich begabter Schüler gewesen sein. Jahre später sollte er in Brüssel über sich selbst sagen: »Dass ich nicht ordentlich französisch [!] spreche ist äußerst schmerzhaft«. Möglicherweise war dies auch einer der Gründe warum er Emilie, die einen eigenen Modesalon – Salon »Schwestern Flöge« – besaß und daher regelmäßige Reisen in die Modemetropole Paris unternahm, nie dorthin begleitete.

1909 reiste Klimt schließlich gemeinsam mit dem befreundeten Maler Carl Moll in die Französische Hauptstadt. Am 17. Oktober kamen die beiden in Paris an, wo sie aufgrund der zentralen Lage im Grand Hotel abstiegen. Der gesamte Reiseplan ist durch zahlreiche Ansichtskarten und Briefe von Klimt an Emilie Flöge gut rekonstruierbar. Untertags unternahmen Klimt und Moll einen regelrechten Museums Marathon, während abends die diversen Nachtlokale auf der Suche nach der »schönen, eleganten Pariserin« abgeklappert wurden. Schon nach einem Tag reiste Moll nach Spanien weiter, wohin ihm Klimt zu einem späteren Zeitpunkt folgen sollte. Seinen übrigen Aufenthalt in Paris verbrachte Klimt mit dem Schweizer Kunsthistoriker Hugo von Tschudi, der sich auf Studienreise befand und Klimt Zugang zu diversen Privatgalerien verschaffte. Zudem begleitete ihn Bertold Frischauer, ein österreichischer Journalist im Außendienst, welcher ihm half einen neuen Pass zur Weiterreise nach Spanien zu erhalten. Der mit Moll befreundete und in Paris lebende, deutsche Maler Eugen Spiro frequentierte mit Klimt diverse Nachtclubs.

Klimt besuchte während seines Aufenthalts in Paris den Louvre sowie die dortige Kunstgewerbesammlung, das Musée des Arts decoratifs, das Musée du Luxembourg, das Musée Guimet (heute: Musée national des Arts asiatiques Guimet) und eine Privatgalerie mit Gemälden französischer Impressionisten, darunter Cézanne und Manet. Wie dicht gedrängt das Programm war, lässt Klimt in einem Brief an Emilie Flöge vom 22. Oktober anklingen:

»Halb blöd’ bin ich schon von dem ›Abstrotten‹ [Besuchen] der diversen Sammlungen trotzdem – geh’n wir weiter – so lang’s eben geht.«

Über die Bewertung seiner Eindrücke gibt Klimt leider recht wenig Auskunft. Die Werke der Impressionisten dürften einen besonderen Reiz auf ihn ausgeübt haben: »Cezanne – Manet – sehr schön!«. Ebenso bezeichnete er die asiatische Sammlung des Musée Guimet als »sehr interessant«, was ob der Tatsache, dass Klimt selbst ein begeisterter Sammler der asiatischen Kunst war, wenig verwunderlich scheint. Ebenfalls als interessant bezeichnete Klimt die Pariser Luftfahrtschau, die anlässlich der Eröffnung der »Exposition Internationale de la Locomotion Aérienne« am 19. Oktober stattfand.

Neben diversen Theater- und Nachtklubbesuchen an berühmten Adressen wie dem Les Folies Bergère besuchte Klimt auch die Generalprobe der »Schwestern Wiesenthal« am 23. Oktober. Die drei österreichischen Tänzerinnen Grete, Elsa und Berta Wiesenthal waren zu Gastauftritten im Théâtre du Vaudeville geladen worden und wohnten aus diesem Anlass anscheinend wie Klimt im Grand Hotel: »Wiesenthal's wimmeln hier im Hotel herum«. Klimt war mit den Schwestern vermutlich seit spätestens 1907 bekannt, als er zwei von ihnen in seinem Gemälde Freundinnen I (Schwestern) (1907, Klimt-Foundation, Wien) verewigt haben soll.

Am 24. Oktober folgte Klimt Carl Moll nach Spanien, wo sie bis zum 1. November blieben. Danach kehrten sie wieder nach Paris zurück. Diesmal befanden sich die beiden Künstler allerdings nur auf der Durchreise und traten schon am nächsten Tag die Heimfahrt nach Wien an.

Nachwirken im Schaffen Klimts
Nach seiner Rückkehr aus Paris und Spanien ist im Werk Gustav Klimts ein stilistisches Umdenken zu erkennen. Zwar hatte Klimt bereits in den Vorjahren auf Secessionsausstellungen die Chance gehabt Werke der französischen Impressionisten und Fauvisten zu studieren, jedoch nicht in einem so reichen Ausmaß wie in Paris. Diese intensive Beschauung dürfte der Grund dafür sein, dass Klimts Pinselführung nach 1909 zunehmend offener und expressiver wurde. Zudem fanden immer mehr Zitate asiatischer Kunstobjekte Einzug in seine Gemälde. Angeregt durch den in Paris beliebten Primitivismus baute er Objekte aus seiner eigenen Sammlung sowie auch jene Asiatika, die er in Paris im Musée Guimet gesehen hatte, in seine Kompositionen ein. Klimts Reise nach Frankreich war zwar nicht seine erste Begegnung mit den modernen französischen Kunstrichtungen, jedoch dürften die geballten Eindrücke dieser Kunstreise sein Spätwerk nachhaltig geprägt haben.

Literatur und Quellen

  • Christian M. Nebehay: Gustav Klimt. Von der Zeichnung zum Bild, Wien 1992, S. 253.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Emilie Flöge. Reform der Mode. Inspiration der Kunst, Wien 2016, S. 58.
  • Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012, S. 25-26, S. 33-36, S. 337-357, S. 364-365.
  • Ausstellungskatalog »Die Entwicklung des Impressionismus in Malerei und Plastik«. www.secession.nyarc.org/items/show/46 (06.04.2020).