Atelier Sandwirtgasse 8

Gustav Klimts Atelier in der Sandwirtgasse, undatiert, Verbleib unbekannt
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Kinderbildnis mit Blüten (Miniatur), um 1883, ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien
© Leopold Museum, Wien

Einblick ins Atelier Franz Matsch und Gebrüder Klimt, 1883/84, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Nachdem die »Künstler-Compagnie« rund um Gustav Klimt bereits einige Aufträge in ihrem Schulatelier in der Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: Universität für angewandte Kunst Wien) realisiert hatte, gelang es dem jungen Künstlertriumvirat ab 1883 ein eigenes Atelier in der Sandwirtgasse 8 zu beziehen. Von dort aus arbeiteten sie an einer Vielzahl weiterer Auftragsarbeiten.

Nach der Fertigstellung des Vorhangs für das Stadttheater in Reichenberg (heute Liberec) im Jahr 1883, verließ die »Künstler-Compagnie« ihr Atelier in der k. k. Kunstgewerbeschule. Der Silberwarenfabrikant Adolf Markowitsch stellte den drei jungen Malern den obersten Stock seines Betriebs in der Sandwirtgasse 8 im 6. Wiener-Gemeindebezirk kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug dazu fertigten die Brüder Klimt und Franz Matsch Entwürfe für Silberschmuck und bemalte Email-Plättchen für Markowitsch an. Außerdem wird angenommen, dass die jungen Maler einen Tondo für das Entree des Gebäudes anfertigten, der einen Trompete spielenden Putto darstellte. Das Werk befindet sich heute nicht mehr an seinem Ursprungsort und der Verbleib des Tondos ist nicht lückenlos geklärt.

Wie die drei Maler den Fabrikanten kennen lernten ist nicht bekannt. Denkbar wäre eventuell eine Verbindung über den Vater von Gustav und Ernst Klimt, der als Goldgraveur vermutlich in ähnlichen Kreisen verkehrte wie der gelernte Gold- und Silberarbeiter Adolf Markowitsch.

Aufträge in der Sandwirtgasse
Für die Gebrüder Klimt und Franz Matsch stellte ein eigenes Atelier eine Möglichkeit dar, größere und prestigeträchtigere Aufträge abseits des Betriebes der Kunstschule auszuführen. So betonten die drei Künstler in einem Brief vom 2. Februar 1884 an den Direktor des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst) Rudolf von Eitelberger mehrmals, dass sie aufgrund ihrer neuen Arbeitsstätte nun bereit wären, noch größere Aufträge anzunehmen. Ihr Interesse galt dabei vor allem den Wiener Ringstraßenbauten:

»Zum Schlusse erlauben wir uns zu bemerken, daß [!] wir durch uneigennützige Überlassung, eines für uns passenden Ateliers, von Seite des Herrn Chefs der Firma A. Markowitsch, in der Lage sind das oben angedeutete Programm [Anm.: rasches und stilistisch einheitliches, gemeinsames Arbeiten an Aufträgen] einhalten zu können«. 

Tatsächlich stellten sich im Atelier Sandwirtgasse die ersten größeren Erfolge für die »Künstler-Compagnie« ein. Den Großteil ihrer Aufträge vermittelt ihnen, vermutlich aufgrund einer Empfehlung von Rudolf von Eitelberger, das auf Theaterbauten spezialisierte Architekturbüro Fellner & Helmer. Von 1884 bis 1886 arbeiteten die jungen Künstler an den Dekorationsmalereien für die Stadttheater in Fiume (heute: Rijeka) und Karlsbad (heute: Karlovy Vary). Darüber hinaus statteten sie die in Lainz gelegene Hermesvilla für Kaiserin Elisabeth mit Deckengemälden aus.

Das ambitionierte Ziel, Dekorationsmalereien für die Bauten der Wiener Ringstraße auszuführen, war ebenfalls von Erfolg gekrönt. Die »Künstler-Compagnie« wurde 1886 mit der Ausstattung der Treppenhäuser des neu erbauten k. k. Hofburgtheaters (heute: Burgtheater) beauftragt. Das dafür vorgesehene Programm visualisiert die Entwicklungsgeschichte des Theaters. In dem Gemälde Das Globetheater Shakespeares (1886–1888, Burgtheater, Wien) integrierte Klimt Porträts von seinem Bruder Ernst und Franz Matsch sowie ein Selbstbildnis. 1890 folgte schließlich der Auftrag zur Ausschmückung des Treppenhauses im Wiener Kunsthistorischen Museum mit Allegorien der herausragendsten Stilepochen der Kunst. Zu diesem Zweck entstanden etliche Fotografien, in denen Familienmitglieder und Freunde als Modelle für die Charaktere der jeweiligen Szenen dienten. Diese Fotografien geben auch einen guten Eindruck über das Aussehen der Atelierräumlichkeiten in der Sandwirtgasse.

Erfolg und Umzug an eine neue Adresse
Die zahlreichen Aufträge steigerten nicht nur das gesellschaftliche und künstlerische Ansehen des Malertrios, sie führten auch zu einer Verbesserung der finanziellen Situation. Zusätzlich dazu erhielt Klimt 1890 den Kaiserpreis (400 Dukaten, heute: ca. 25.000 Euro) für die großformatige Gouache Der Zuschauerraum des alten Burgtheaters (1888, Wien Museum, Wien). Neben seinem Bruder Ernst, porträtierte Klimt darin auch zahlreiche Personen der gehobenen Gesellschaft. Dies dürfte ihm den Einzug in die Kreise seiner zukünftigen Auftraggeber geebnet haben. Die verbesserte monetäre Situation ermöglichte der »Künstler-Compagnie« die Anmietung eines neuen Ateliers. So waren die Gebrüder Klimt und Franz Matsch ab 1891 in Lehmann‘s allgemeinem Wohnungsanzeiger mit einer neuen Arbeitsanschrift im 8. Wiener-Gemeindebezirk, Josefstädter Straße 21, verzeichnet.

Literatur und Quellen

  • Brief von Franz Matsch in Wien an Rudolf Eitelberger in Wien, mitunterschrieben von Ernst und Gustav Klimt (02.02.1884). H.I.N. 22.439, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Herbert Giese: Franz von Matsch – Leben und Werk. 1861–1942. Dissertation, Wien 1976.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band I, 1878–1903, Salzburg 1980, S. 68-73.
  • Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger. Nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung, 33. Jg. (1891), S. 779.
  • Gerichtshalle, 06.02.1882, S. 6.
  • Agnes Husslein-Arco (Hg.): Gustav Klimt und die Künstler-Compagnie, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.06.2007–14.10.2007, Weitra 2007.