Pauline Hamilton
Pauline Hamilton, vor 1912, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912.
© ANNO | Österreichische Nationalbibliothek
Inserat, in: Neue Freie Presse, 04.10.1908.
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Erzherzogin Isabella von Österreich fotografiert von Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 30.11.1912.
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Eugen d'Albert fotografiert von Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912.
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Pauline Hamilton: Gustav Klimt im Malerkittel, vermutlich um 1911, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv, Nachlass Franz Eder, Salzburg
© Belvedere, Wien
Pauline Hamilton: Gustav Klimt im Malerkittel, vermutlich um 1911, Wien Museum, Spende von Gustav Zimpel (Neffe von Gustav Klimt), 1946
© Wien Museum, Foto: Birgit und Peter Kainz
Die amerikanische Malerin und Fotografin übersiedelte um 1908 nach Wien und arbeitete anfangs im Atelier d‘Ora. Bekannt wurde sie als Porträtfotografin des österreichischen Adels, der Wiener Gesellschaft und einiger berühmter Künstler wie Gustav Klimt, bevor sie um 1915 in ihre Heimat zurückkehrte.
Die deutschstämmige Pauline Kruger wurde am 5. November 1866 in Middleton, Wisconsin geboren. Die Familie übersiedelte 1880 nach Minneapolis, Minnesota, wo Pauline die Schule besuchte und später Klavier und Malerei unterrichtete. Ab 1890 war sie im Design Studio Smith’s Art Parlors beschäftigt und etablierte sich bald als Designerin und Künstlerin. Sie nutzte die aufblühende Kunst- und Kulturszene der Stadt und eröffnete 1896 ihr eigenes Atelier im prestigeträchtigen Syndicate Block Building. Hier stellte sie ihre Porträtgemälde und Buchmalereien aus und war Gastgeberin zahlreicher Veranstaltungen und Ausstellungen. Sie verkehrte in der kunstaffinen Elite, engagierte sich im Business Women’s Club und begann die Kamera als Hilfsmittel für ihr künstlerisches Schaffen zu nutzen.
Um 1900 lernte Pauline Kruger ihren späteren Mann, den Journalisten Frank Hamilton kennen, der jedoch 1901 wegen Todschlags verurteilt und inhaftiert wurde. Nach seiner Entlassung 1904 folgte ihm Pauline nach San Francisco. Das Paar heiratete 1905 und sie war weiterhin künstlerisch tätig. Frank Hamilton litt bereits seit Jahren unter einer Tuberkuloseerkrankung und starb 1906 an einer Lungenentzündung.
Nach diesem Schicksalsschlag kehrte Pauline Hamilton zurück nach Minnesota und widmete sich vermehrt der Fotografie, die zu ihrem Hauptmedium werden sollte. Sie verkehrte auch mit dem Landschaftsfotografen Louis Sweet, der seine renommierten Sweet Studios ebenfalls im Syndicate Block Building betrieb. Als Mitglied der losen Vereinigung Art League of Minneapolis – zu den Gründern zählte auch der aus Deutschland stammende Maler und Direktor der Minneapolis School of Fine Arts, Robert Köhler – veranstaltete Sweet zahlreiche Treffen und Diskussionsrunden in seinem Studio. Vermutlich ermutigten sie Kontakte wie Sweet und Köhler auszuwandern; durch die Erbschaft ihres verstorbenen Mannes verfügte Pauline Hamilton jedenfalls über die finanziellen Mittel.
Eine »vornehme Amerikanerin« in Wien
Pauline Hamilton zog 1908 nach Wien in eine Stadt, die durch die aufstrebende Kunstszene der Moderne mit Ausstellungen wie der »Kunstschau Wien 1908« geprägt war. Im Oktober des Jahres inserierte sie in der Neuen Freien Presse »Vornehme Amerikanerin, Künstlerin, übernimmt Aufträge auf künstlerische Photographien, aufgenommen im eigenen Heim der Besteller. Mrs. Hamilton, 9. B., Spitalgasse 27, 2. Stock, Tür 8.«, ihre Gewerbeanmeldung wurde in der Österreichischen Photographen-Zeitung bekannt gegeben.
In den ersten zwei Jahren arbeitete sie wohl auch als Assistentin im renommierten Fotoatelier von Madame d‘Ora (eigentlich Dora Kallmus). Briefe in die Heimat belegen, dass sie anfangs die zu meisternden technischen Fertigkeiten und Kallmus‘ »scharfsichtiges Auge« überwältigten. Bereits im Februar 1909 präsentierte sie im Kunstsalon Pisko einige Porträtfotografien in der Ausstellung »Kollektion moderner Englischer Maler«. Friedrich Stern berichtete im Neuen Wiener Tagblatt:
»Mrs. Hamilton hat sich eine Spezialität erwählt, die bisher das nahezu ausschließliche Vorrecht von Amateurphotographen war: sie macht ihre Aufnahmen nicht in einem Atelier, sondern in dem Interieur des zu Porträtierenden, also bei diesem zu Hause.«
Ende 1910 bzw. spätestens Anfang 1911 verlegte sie ihre Adresse von der Spitalgasse 27 in die Wiesingerstraße 3 am Stubenring im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ihr Können und ihr Umgang mit der adeligen Kundschaft verschafften ihr zur gleichen Zeit einen Auftrag bei Erzherzogin Isabella – der Ehefrau von Erzherzog Friedrich von Österreich – die selbst gerne fotografierte. Hamilton sicherte Kallmus vertraglich zu, für fünf Jahre nachdem sie bei ihr arbeitete kein eigenes Atelier zu eröffnen. Da sie den Auftrag aus dem Hause Habsburg jedoch nicht ablehnen konnte, zog Kallmus den Vertrag zurück und Hamilton verbrachte 1911 sogar drei Wochen mit dem erzherzoglichen Paar auf deren Pressburger Schloss (heute Bratislava, Slowakei). Dort nahm sie laut Neuem Wiener Tagblatt rund 200 Porträts von der Familie und von Gästen des Hauses auf.
Meistens signierte sie ihre Werke mit »Pauline Hamilton Vienna« und fotografierte viele Persönlichkeiten aus Adels-, Gesellschafts- und Künstlerkreisen wie Erzherzogin Marie Therese, Erzherzog Albrecht, den Maler Robert Doblhoff-Dier und seine Frau Hertha (geb. Schrack) oder auch den Pianisten Eugen d’Albert. Dabei veröffentlichte die Zeitschrift Sport & Salon zahlreiche Aufnahmen und in der Presse wurden ihre Porträtfotografien vielfach gelobt, da sie »[…] den besonderen Menschen, den jeweils Einzigen[,] das Individuum, die Persönlichkeit.« zeigten. Im Februar 1912 stellte sie erneut im Kunstsalon Pisko aus, diesmal mit rund »200 Bildern«, darunter auch Porträtfotografien aus der Familie des Erzherzogs Friedrich, des Herzogs von Parma, der Braganzas, der Fürstin Metternich, des Erzherzogs Albrecht sowie Gustav Klimt »in orientalischem Kleide, einmal mit energisch gewendetem Kopf, einmal feierlich daherschreitend«. Die Entstehung der vier bisher bekannten Aufnahmen dieser Serie von Klimt im Malerkittel um 1911 im Garten und in der Umgebung seines Ateliers in der Feldmühlgasse ist naheliegend, da auf der Rückseite teilweise Hamiltons Adresse in der Wiesingerstraße angeführt ist. Dabei fotografierte sie Klimt in verschiedenen lockeren Posen: Sitzend im Profil, mit verschränkten Armen vor einer bepflanzten Mauer und im Freien zwischen Bäumen stehend.
Weiters lichtete sie vermutlich um 1913/14 den Kunstkritiker und Galeristen Arthur und seine Frau Ida Roessler ab. In einem Brief riet Roessler 1914 auch Egon Schiele, sich zwecks Reproduktionsfotografien an Hamilton zu wenden.
Zurück in der Heimat
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs versorgte Pauline Hamilton als freiwillige Krankenschwester verletzte österreichische Soldaten und Kriegsopfer und war weiterhin fotografisch tätig. Obwohl sie in Adolph Lehmann’s allgemeinem Wohnungs-Anzeiger bis 1917 mit der Berufsangabe Malerin unter der Atelieradresse Wiesingerstraße 3 aufschien, kehrte sie Zeitungsberichten zufolge im Mai 1915 zurück in die USA. Dort engagierte sie sich weiter für Kriegswaisen und bezeichnete sich selbst als »Botschafterin der österreichisch-ungarischen Kriegskinder«.
In ihren letzten Lebensjahren betrieb sie ein Studio in New York und fotografierte vor allem zahlreiche Persönlichkeiten aus der Musikwelt wie zum Beispiel den Dirigenten Leopold Stokowski sowie die Pianistinnen Olga Samaroff und Clara Gabrilowitsch.
Pauline Kruger Hamilton starb am 8. Juli 1918 an den Folgen einer Schilddrüsenüberfunktion und wurde in New York begraben.
Literatur und Quellen
- Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.): Klimt & Emilie Flöge. Fotografien, Wien 2012, S. 140-143, S. 232.
- N. N.: Die schönsten Frauen der Welt, in: Neues Wiener Tagblatt, 09.11.1915, S. 15.
- Marguerite Mooers Marshall: The Romantic Life History of Pauline Kruger Hamilton, in: The Evening World Daily Magazine (1918), S. 11.
- oe: Mrs. Pauline Hamilton, in: Sport und Salon. Illustrirte Zeitschrift für die vornehme Welt, 22.11.1912, S. 9.
- Friedrich Stern: Englische Maler. Bei Pisko, in: Neues Wiener Tagblatt, 25.02.1909, S. 12.
- Friedrich Stern: Zwei hervorragende Vertreterinnen künstlerischer Bildnisphotographie, in: Neues Wiener Tagblatt, 04.02.1912, S. 18.
- Franz Eder: Gustav Klimt und die Fotografie, in: Tobias G. Natter, Gerbert Frodl (Hg.): Klimt und die Frauen, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.09.2000–07.01.2001, Köln 2000, S. 50-56.
- N. N.: Tea in a Studio. A Private View oft he Work of Miss Pauline Kruger in Miniatures. Portraits of Many Well Known Residents of Minneapolis Shown by the Artist, in: The Minneapolis Journal, 29.05.1903, S. 12.
- N. N.: Frank Hamilton weds Miss Pauline Kruger, in: The Minneapolis Journal, 14.11.1905, S. 6.
- N. N.: Frank H. Hamilton. Former Minneapolis Newspaper Man Who Died Saturday, in: The Minneapolis Journal, 31.12.1906, S. 6.
- N. N.: Kleine Anzeigen. Vornehme Amerikanerin, in: Neue Freie Presse, 04.10.1908, S. 79.
- N. N.: Verbands- und Genossenschaftsnachrichten. Genossenschaft der Photographen in Wien, in: Österreichische Photographen-Zeitung, Jg. 8, Heft 11 (1908), S. 173.
- N. N.: Mitteilungen der Genossenschaft der Photographen in Wien. Gewerbliche Veränderungen, in: Österreichische Photographen-Zeitung, Jg. 8, Heft 1 (1911), S. 11.
- N. N.: Personalnachrichten, in: Neues Wiener Tagblatt, 25.06.1911, S. 172.
- Neues Wiener Tagblatt, 03.12.1911, S. 20.
- N. N.: Large Royal Families Making An American Girl Rich, in: Atlanta Georgian, 05.10.1913, S. 71.
- N. N.: Childrens Destitute, in: The Topeka Daily State Journal, 14.02.1916, S. 10.
- N. N.: Vienna Night at Waldorf for the War Orphans of Austria-Hungary, in: New York Tribune, 05.03.1916, S. 4.
- N. N.: Pauline Hamilton Dead in New York. Minneapolis Women, Former Court Photographer in Vienna, Succumbs, in: The Minneapolis Morning Tribune, 09.07.1918, S. 8.
- Jane Libbey Jackson: A journey Shared. Pauline Kruger Hamilton at the Habsburg Court, in: Hennepin History, Band 60 (2001), S. 18-34.
- Jane Libbey Jackson: In Pursuit of Pauline. Out of Darkness, into Light, in: Hennepin History, Band 56 (1997), S. 4-21.