James McNeill Whistler

Thomas Robert Way: James McNeill Whistler
© The Metropolitan Museum of Art, New York

Der Maler und Druckgrafiker James McNeill Whistler war vor allem in Paris und London künstlerisch tätig. In seinem Werk verband er französische, präraffaelitsche und japonistische Einflüsse, prägte den Diskurs zur Landschaftsmalerei und fand vor allem in seinen letzten Jahren internationale Anerkennung.

James Abbot McNeill Whistler wurde am 11. Juli 1834 in Lowell, Massachusetts geboren. Durch die Tätigkeit des Vaters als Eisenbahningenieur zog die Familie 1843 nach St. Petersburg, wo Whistler an der Kaiserlichen Akademie der Schönen Künste Zeichenunterricht erhielt. Nach dem Tod des Vaters kehrte die Familie 1849 in die USA zurück und zwischen 1851 und 1854 war Whistler an der Militärakademie West Point, wo er auch Zeichenklassen besuchte. Er arbeitete danach kurzzeitig als kartographischer Zeichner beim Marinedepartement in Washington.

Im Jahr 1855 beschloss er Künstler zu werden, übersiedelte nach Paris und knüpfte dort Bekanntschaften mit Avantgardekünstlern wie Edgar Degas und Henri Fantin-Latour. Er studierte an der Ecole Impériale et Spéciale de Dessin und wurde Schüler im Atelier von Charles Gleyre, der auch die Impressionisten Claude Monet und Auguste Renoir unterrichtete. Im Louvre lernte er Alte Meister, orientalische Kunst und japanische Drucke kennen und begeisterte sich besonders für die spanische und niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Weiters reiste er in die Niederlande und schuf ab 1858 Radierungen.

Sein Gemälde At the Piano (1858–1859, The Taft Museum, Cincinnati, Ohio) – ein Porträt von Lady Seymor Haden – wurde 1859 vom Pariser Salon abgelehnt, allerdings im Atelier des Malers Bouvin ausgestellt, wo er Gustave Courbet traf. Aufgrund der Zurückweisung des Salons zog Whistler 1859 nach London und stellte dort At the Piano in der Royal Academy aus. Sein Frühwerk war vom französischen Impressionismus und Realismus geprägt. Sein weiteres Schaffen wurde maßgeblich durch die englischen Präraffaeliten inspiriert, wobei Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais und Albert Joseph Moore zu seinen Freunden zählten.

1862 erlangte er mit Symphony in White No. 1 (1861–1862, National Gallery of Art, Washington DC, Washington) internationale Bekanntheit, da das Werk sowohl von der Royal Academy, als auch vom Pariser Salon abgelehnt und im »Salon des Refusés« neben Edouard Manets Frühstück im Grünen (1863, Musée d’Orsay, Paris) präsentiert wurde.

In der ersten Hälfte der 1860er Jahre ließ Whistler vermehrt asiatische und v.a. japanische Motive in sein Werk einfließen, wie in den Gemälden The Princess from the Land of Porcelain oder Caprice in Purple and Gold: The Golden Screen.

Er reiste zwischen 1865 und 1866 nach Chile und malte in Valparaiso Küstenlandschaften. In Europa stellte er regelmäßig in London aus und 1872 entstanden seine wohl berühmtesten und kompositorisch wegbereitenden Werke Arrangement in Grey and Black No. 1 (1871, Musée d’Orsay, Paris) – bekannt als Whistler's Mother – und Arrangement in Grey and Black No. 2 (1872–1873, Kelvingrove Art Gallery and Museum), die er mit seinem Schmetterlingsmonogramm signierte.

Ein wichtiger Auftraggeber Whistlers war der wohlhabende Reeder Frederick Leyland, dessen Frau er in Symphony in Flesh Colour and Pink (1871–1874, The Frick Collection, New York, New York) porträtierte und für den er 1876‒1877 die Ausstattung des sogenannten »Peacock Rooms« als Harmony in Blue and Gold (1876–1877, Freer Gallery of Art, Washington DC, Washington) gestaltete. Das außergewöhnliche Zimmer mit seinen aufwendigen Pfauendekorationen und zahlreichen goldenen Ausstattungsdetails diente zur Präsentation Leylands Sammlung chinesischer Vasen und übte starken Einfluss auf die Innenarchitektur des Ästhetizismus aus. Whistlers Freund und Mäzen Charles Lang Freer kaufte 1904 den »Peacock Room« und transportierte diesen nach Detroit, um ihn in seinem Haus aufzubauen.

In den 1870ern nahm Whistler in seiner Nocturne-Serie mit Nachtansichten der Themse Bezug auf William Turners späte Meeresdarstellungen und entwickelte sich dabei künstlerisch in eine andere Richtung. John Ruskins Kritik an Nocturne in Black and Gold: The Falling Rocket (1875, Detroit Institute of Arts, Detroit, Michigan) führte zu einem Rechtsstreit, der ihn in eine schwierige finanzielle Lage brachte.

1879 zog er nach Italien und gestaltete in Venedig einige Radierungen. Zurück in England schuf er ab 1880 Druckgrafiken, Lithografien, Innendekorationen, beschäftigte sich mit ästhetischen Theorien und publizierte die Werke Whistler versus Ruskin. Art and Art Critics (1878), Ten o’clock (1888) und The Gentle Art of Making Enemies (1890).

Im Jahr 1884 wurde er Mitglied der Royal Society of British Artists, lebte wieder in Paris und erlangte zunehmend internationale Anerkennung durch Ausstellungsbeteiligungen, Preise und die Aufnahme in Künstlervereinigungen. Sein umfassendes Werk beeinflusste die europäische Moderne besonders hinsichtlich Komposition, Tonalität und Farbharmonie.

Auch in Wien wurden Whistlers Werke bereits 1895 in der Jubiläumsausstellung der Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst im Künstlerhaus in der »III. Internationalen Graphischen Ausstellung« gezeigt, in der auch Gustav Klimt mit dem Porträt Josef Lewinsky als Carlos in Clavigo (1895, Belvedere, Wien) vertreten war.

Klimt und Whistler korrespondierten zur Zeit der Gründung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession im Jahr 1897, da ihn Klimt als erster Präsident der Vereinigung einlud Ehrenmitglied zu werden. Josef Engelhart besuchte Whistler sogar 1898 in Paris, um ihn als Mitglied zu gewinnen und erhielt einige Empfehlungsschreiben, um Gemälde von Privatsammlern als Leihgaben für die Secessionsausstellungen zu erhalten. Schließlich wurde er korrespondierendes Mitglied und ernannte im Gegenzug auch Klimt zum Ehrenmitglied der International Society of Sculptors, Painters and Gravers, zu dessen Präsident er 1898 gewählt wurde. In der »I. Ausstellung« der Secession wurden lediglich einige Lithografien von Whistler ausgestellt, da nach Engelharts Bericht die Besitzer von rund 20 Gemälden mit ihm verfeindet waren und diese nicht verleihen wollten.

Die letzten Lebensjahre verbrachte Whistler zurückgezogen und starb am 17. Juli 1903 im Londoner Stadtteil Chelsea.

Literatur und Quellen

  • ENCYCLOPÆDIA BRITANNICA. James McNeill Whistler. www.britannica.com/biography/James-McNeill-Whistler (25.05.2020).
  • Caitlin Silberman: Evolutionary. Whistler, Darwin, and the Peacock Room, 29.12.2015. asia.si.edu/evolutionary-whistler-darwin-and-the-peacock-room/ (25.05.2020).
  • Freer Gallery of Art, Smithsonian Institution, Washington, D.C.. A. asia.si.edu/exhibition/the-peacock-room-comes-to-america/ (25.05.2020).
  • Freer Gallery of Art, Smithsonian Institution, Washington, D.C.. B. asia.si.edu/object/F1904.61/ (25.05.2020).
  • Freer Gallery of Art, Smithsonian Institution, Washington, D.C.. C. asia.si.edu/object/F1903.91a-b/ (25.05.2020).
  • Detroit Institute of Arts. Nocturne in Black and Gold, the Falling Rocket, 1875. www.dia.org/art/collection/object/nocturne-black-and-gold-falling-rocket-64931 (10.03.2022).
  • Neue Freie Presse, 13.02.1898, S. 10.
  • Karl von Lützow: Die Modernen im Künstlerhause, in: Neue Freie Presse, 19.10.1895, S. 1-3.
  • Richard Muther: Whistler, in: Die Zeit, 22.07.1903, S. 1-3.
  • Franz Servaes: Whistler, in: Neue Freie Presse, 22.07.1903, S. 1-3.
  • Dougald S. Mac Coll: Whistlers Pfauenzimmer, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 3. Jg. (1905), S. 112-114.
  • Josef Engelhart: Meine Erlebnisse mit James Mac Neill Whistler aus dem Jahre 1898, in: Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bau- und Raumkunst, 21. Jg. (1916/18), S. 53-56.
  • Brief von Gustav Klimt und Wilhelm Schölermann in Wien an James McNeill Whistler (13.12.1897). MS Whistler S150.