Carl Moll
Carl Moll fotografiert von Friedrich Viktor Spitzer, in: Photographische Rundschau und photographisches Centralblatt. Zeitschrift für Freunde der Photographie, 20. Jg., Heft 23 (1906).
© Klimt-Foundation, Wien
Carl Moll: Anna Moll an Schreibsekretär, um 1903, Wien Museum
© Wien Museum
Carl Moll: Salon im Haus von Carl Moll auf der Hohen Warte, 1903, Wien Museum
© Wien Museum
Gesellschaft im Garten der Villa Moll auf der Hohen Warte, Mai 1905, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek
Carl Moll: Farbholzschnitt Hohe Warte, 1903
© ALBERTINA, Wien
Gustav Klimt mit Freunden am Lido in Venedig, 02.05.1899, University of Pennsylvania, Mahler-Werfel Collection, Penn Libraries
© Kislak Center for Special Collections, Rare Books and Manuscripts at the University of Pennsylvania
, undatiert: Gustav Klimt: Kinderbildnis (Marie Moll), um 1902–1904
© Wien Museum
Carl Moll: Selbstporträt, 1943, Wien Museum
© Wien Museum
Der Maler und Grafiker Carl Moll war ein enger Freund Gustav Klimts. Neben seiner Tätigkeit als Künstler engagierte sich Moll als Kunsthändler und Galerist. Er war Mitbegründer der Wiener Secession, leitete die Galerie Miethke, unterstützte die Gründung der Modernen Galerie und förderte die Moderne in Österreich.
Carl Julius Rudolf Moll wurde am 23. April 1861 in Wien geboren. Sein Vater Julius Franz Moll war Angestellter der Nationalbank, Fabrikant und Gemeinderat in Wien. Als Neffe des Landschaftsmalers Karl Schmid entdeckte er schon früh seine Liebe zur Kunst. Mit 17 Jahren erhielt Moll Privatunterricht beim Landschaftsmaler Carl Haunold. 1879 bis 1881 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Sein dortiger Lehrer Emil Jakob Schindler, ein Vertreter des poetischen Stimmungsimpressionismus, erkannte Molls Talent und förderte diesen durch Einzelunterricht. Durch ihn lernte Moll die Pleinairmalerei auf Malfahrten in die nähere Umgebung kennen. Den jungen Künstler verband eine innige Freundschaft mit seinem Mentor und dessen Familie. Drei Jahre nach dem Tod Schindlers 1892 heiratete Moll dessen Witwe Anna und wurde somit zum Stiefvater von Grete Schindler (verh. Legler) und Alma Schindler (später Alma Mahler-Werfel). Die gemeinsame Tochter Maria (verh. Eberstaller) kam 1899 zur Welt.
Künstlerhaus und erste Erfolge
1890 trat Moll ins Künstlerhaus ein. Vermutlich lernte er dort den nur vier Jahre jüngeren Gustav Klimt kennen, der 1891 Mitglied werden sollte. Die beiden verband fortan eine enge Freundschaft. Beide Künstler zählten gemeinsam mit Joseph Maria Olbrich, Josef Hoffmann und Kolo Moser zu den fortschrittlichen Kräften der Vereinigung und setzten sich für eine Öffnung gegenüber internationalen, modernen Kunstströmungen und für eine Reformation des Ausstellungswesens ein.
Ab den 1890er-Jahren feierte Moll seine ersten Erfolge als Künstler. Seine Werke Die Römische Ruine in Schönbrunn (1892, Belvedere Wien) und Der Naschmarkt in Wien (1894, Belvedere, Wien) wurden vom Kaiser angekauft. Mit der Organisation der Gedächtnisausstellung seines 1892 verstorbenen Mentors Emil Schindler stellte er zum ersten Mal seine kuratorischen Fähigkeiten unter Beweis. Die Nachlassausstellung fand in der Galerie H. O. Miethke statt. 1894 brachte Moll erstmals secessionistische Kunst ins Künstlerhaus, indem er die Künstler der Münchener Secession, darunter auch Franz Stuck, einlud, in den Räumlichkeiten der Vereinigung auszustellen.
Durch diverse Auslandsreisen um 1893, unter anderem nach Norddeutschland, kam Moll vermehrt in Kontakt mit den Werken der französischen Impressionisten. Der bisher vorwiegend für seine Holzschnitte bekannte Künstler verlagerte sein Interesse zunehmend auf impressionistische Landschaftsmalerei.
Carl Moll und Gustav Klimt, Freunde und Kollegen
»[...] ich fühlte mich zu Dir hingezogen! in [!] aufrichtiger Freundschaft, wie noch selten zu jemanden, ich fühlte mich wo[h]l im Kreise Deiner Familie«
beschrieb Klimt 1899 seine Beziehung zu Moll.
Der Freundeskreis um Moll, Moser, Hoffmann, Klimt und Olbrich traf sich auch privat regelmäßig. Neben Zusammenkünften in Molls Atelier kamen die aufstrebenden Künstler auch im Salon von Berta Zuckerkandl regelmäßig zusammen. Wichtige Größen aus Kunst und Kultur versammelten sich zum intellektuellen Austausch, darunter auch der Mäzen Fritz Waerndorfer, der Musiker Gustav Mahler und der Schriftsteller Hermann Bahr. Das Bestreben der jungen Mitglieder des Künstlerhauses nach einer Reform wurde immer deutlicher. Laut Ludwig Hevesi soll im Salon Zuckerkandl die Idee für die Gründung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession aufgekommen sein.
Moll trat folglich 1897 mit Klimt und anderen Gründungsmitgliedern der Secession aus dem Künstlerhaus aus. Er hatte in der neuen Vereinigung zunächst die Position des Vizepräsidenten unter Klimt inne und wurde 1900 selbst für ein Jahr zum Präsidenten gewählt. Moll war maßgeblich an der Organisation der zunehmend internationalen Ausstellungen der Secession beteiligt. Für die Kunstzeitschrift Ver Sacrum lieferte er zahlreiche seiner Holzschnitte als Illustrationsmaterial.
Um 1900 initiierte Moll mit Hilfe der befreundeten Mäzene Friedrich Viktor Spitzer und Hugo Henneberg die Errichtung einer Künstlerkolonie auf der Hohen Warte nach Plänen Olbrichs. 1901 entstand die Doppelvilla Moll/Moser, ein Jahr später folgten die benachbarten Villen Spitzer und Henneberg. Die gesamte Siedlung diente Moll immer wieder als Bildmotiv für seine Werke. Die sogenannte Villa Moll, Steinfeldgasse 6, war, ebenso wie Carl Molls Atelier in der Theresianumgasse 6, ein Treffpunkt für viele Künstler und Literaten. Auch Sitzungen der Secession wurden bei Carl Moll zu Hause abgehalten. Anfang 1909 übersiedelte die Familie in eine ebenfalls von Hoffmann errichtete Villa in der Wollergasse 10, auch als Villa Moll II bekannt.
Moll unternahm privat mehrere Reisen mit Gustav Klimt. Ansichtskarten, adressiert an die Stieftöchter Molls, belegen eine gemeinsame Reise nach Salzburg 1898. Im folgenden Frühjahr schloss sich Klimt der Familie Moll auf ihrer Italienreise nach Florenz an. Auf der Rückfahrt hielten sie in Genua, Verona und Venedig. Im Zuge der Reise kam es beinahe zu einem Zerwürfnis der beiden Freunde. Aus einem langen Entschuldigungsbrief Klimts ist zu entnehmen, dass dieser auf der Reise eine Liebelei mit der 18-jährigen Stieftochter Molls, Alma, anfing und so den Zorn seines Freundes auf sich zog. Der Zwist konnte jedoch beigelegt werden und der persönliche Kontakt blieb unbeschadet. So schlug sich Carl Moll 1901 als enthusiastischer Verteidiger auf die Seite Klimts im Skandal um die Fakultätsbilder.
Carl Moll als Förderer der Moderne
Moll gehörte zu jenen Künstlern, die sich für die Gründung der Modernen Galerie (heute: Belvedere) 1903 stark machten. Sie war als staatliches Museum und somit Gegenpart zu den kaiserlichen Sammlungen gedacht und sollte vorrangig Werke zeitgenössischer Künstler, darunter auch Gemälde von Gustav Klimt, präsentieren.
1905 übernahm Carl Moll die künstlerische Leitung der Galerie H. O. Miethke und machte diese zu einem Verkaufsplatz für moderne Kunst. Nach dem Vorbild der Berliner Secession und deren Kooperation mit dem Kunstsalon Paul Cassirer sollte die Galerie Miethke als erweiterter Ausstellungs- und Verkaufsraum für die Wiener Secession dienen. Carl Molls Doppelrolle als Künstler und Kunsthändler führte zu Spannungen innerhalb der Vereinigung. Viele Mitglieder der Secession sahen die Verkäufe über die Kunsthandlung als Konkurrenz zu den hausinternen Ausstellungen. Am 14. Juni 1905 kam es zu einer Abstimmung der Secession, der sogenannten »Affaire Moll«, die im Austritt der Gruppe um Moll und Klimt gipfelte. Die Galerie Miethke wurde daher in Folge, unter der künstlerischen Leitung Molls, zur alleinigen Vertreterin für den Verkauf von Klimt-Werken. Moll selbst, der Klimt sowohl menschlich als auch künstlerisch wertschätzte, besaß von 1914 bis 1918 das Klimt-Gemälde Nixen (Silberfische) (um 1902/03, Kunstsammlung Bank Austria, Wien).
Die nun vereinigungslosen Künstler in Molls Umfeld, auch Klimt-Gruppe genannt, organsierten 1908 und 1909 zwei Ausstellungen. Sowohl auf der »Kunstschau Wien 1908« als auch auf der »Internationalen Kunstschau 1909« arbeiteten Klimt und Moll Seite an Seite im Ausstellungskomitee. 1909 unternahmen Moll und Klimt abermals eine gemeinsame Reise, diesmal nach Frankreich und Spanien.
Unter Moll avancierte die Galerie Miethke zum Marktführer auf dem Gebiet der modernen Kunst in Wien. In zahlreichen Ausstellungen brachte er internationale Kunstwerke, vorranging der französischen Impressionisten, in die Reichshauptstadt. Seine Leitung der Galerie war jedoch nur von kurzer Dauer. Am 29. Juni 1912 schrieb Klimt an Emilie Flöge: »Moll ist gekündigt«, und bezog sich damit auf die Entlassung Carl Molls aus der Galerie Miethke. Aufgrund eines Streits mit seinem Kollegen, dem Kunsthistoriker Dr. Hugo Haberfeld, musste Moll die Galerie verlassen. Nach dessen Ausscheiden endete auch die enge Zusammenarbeit Gustav Klimts mit der Kunsthandlung.
Der Tod Klimts und der Zweite Weltkrieg
Nach Klimts Tod 1918 organisierte Moll zwei Gedächtnisausstellungen für seinen geschätzten Freund und Kollegen. Auf der Züricher Ausstellung »Ein Jahrhundert Wiener Malerei« 1918 wurde ein eigener Klimt-Saal eingerichtet. 1928 veranstaltete die Secession auf Drängen Molls eine »Klimt-Gedächtnis-Ausstellung« anlässlich Klimts zehnten Todestags. Carl Moll war selbst rege an der Organisation der Ausstellung beteiligt und stellte dafür zwei Werke aus seiner privaten Sammlung zur Verfügung. Es handelte sich um die Allegorie Bewegtes Wasser (1898, Privatbesitz) und ein nicht näher identifizierbares Kinderbildnis (vermutlich Klimts Zeichnung von Molls Tochter Maria).
1930 trat Moll wieder in die Secession ein, welche ihm im darauffolgenden Jahr zur Feier seines 70. Geburtstags eine Kollektivausstellung ausrichtete. Der zweite Weltkrieg machte Molls Bemühungen, die moderne Kunst salonfähig zu machen, zunichte. Viele der von ihm geförderten Künstler, darunter auch Oskar Kokoschka, wurden als entartet gebrandmarkt.
Dennoch war Moll ein Befürworter des Regimes und Antisemit. Er begrüßte den »Anschluss« 1938, obwohl seine Stieftochter Alma mit ihrem jüdischen Ehemann Franz Werfel infolgedessen emigrieren musste. Seine Freundschaft zu Almas erstem Mann – Gustav Mahler – begründete er dadurch, dass nur jener »ein Jude ist, der innerlich ein Jude ist«. Nach Ende des Krieges 1945 beging er gemeinsam mit seiner Tochter Maria und deren Ehemann Suizid.
Literatur und Quellen
- Robert Weissenberger: Die Wiener Secession, Wien 1971.
- Wien Geschichte Wiki. Carl Moll. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carl_Moll (03.01.2019).
- Österreichisches Biographisches Lexikon. Carl Moll. www.biographien.ac.at/oebl/Moll_Karl (02.01.2019).
- Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018, S. 8.
- Ansichtskarte von Gustav Klimt in Wien an Emilie Flöge in Bad Gastein, 1. Karte (Morgen) (29.06.1912). RL 2865, Leopold Privatsammlung.
- Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003, S. 62-94.
- Cornelia Cabuk: Carl Moll. Monografie und Werkverzeichnis, in: Stella Rollig (Hg.): Belvedere Werkverzeichnisse, Band 11, Wien 2020.
- Kunstvermittlung Gerald Weinpolter GmbH. Carl Moll Biografie. www.carl-moll.info/de/biografie (20.04.2022).
- Kunsthaus Zürich (Hg.): Ein Jahrhundert Wiener Malerei. Kunsthaus Zürich, 12. Mai 1918 bis 16. Juni 1918: Verzeichnis der ausgestellten Werke, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 12.05.1918–16.06.1918, Zürich 1918.
- Arbeitsausschuss der Kunstschau (Hg.): Katalog der Internationalen Kunstschau 1909, Ausst.-Kat., Ausstellungsbau Lothringerstraße (Wien), 22.04.1909–01.07.1909, 1. Auflage, Wien 1909.
- Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): XCIX. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Wiener Secession. Klimt-Gedächtnis-Ausstellung, Ausst.-Kat., Secession (Wien), 27.06.1928–05.08.1928, Wien 1928.
- Prager Tagblatt, 05.10.1912, S. 5.
- Neue Freie Presse, 30.11.1928, S. 1.
- Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hg.): Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band XC, New York - Berlin 2016, S. 236.