Aubrey Beardsley

Aubrey Beardsley, fotografiert von Frederick Hollyer, um 1890
© Victoria and Albert Museum, London

Der englische Illustrator, Grafiker und Dichter Aubrey Beardsley gestaltete zahlreiche Bücher, Zeitschriften sowie literarische Werke und gab die Magazine The Yellow Book und The Savoy heraus. Er wurde besonders durch seine erotisch-satirischen, in Schwarz-Weiß gehaltenen Arbeiten bekannt, deren linearer Stil wegbereitend für den europäischen Jugendstil wirkte.

Aubrey Vincent Beardsley wurde am 21. August 1872 in Brighton geboren, erkrankte schon als Kind an Tuberkulose und galt als künstlerisch und musikalisch hochbegabt. Er lebte in Epsom, London und schließlich ab 1884 gemeinsam mit seiner Schwester Mabel bei deren Großtante in Brighton. Beardsley begann bereits mit fünf Jahren zu zeichnen und besuchte für kurze Zeit einen Aktkurs an der Westminster Art School in London, bildete sich jedoch hauptsächlich autodidaktisch. Er beschäftigte sich mit Karikaturen und Skizzen zu literarischen Werken wie Gustave Flauberts Madame Bovary und Richard Wagners Tannhäuser und studierte Alte Meister in Londoner Museen und Sammlungen. Besonders der berühmte »Peacock-Room«, den James Abbott MacNeill Whistler für ein Londoner Stadthaus ausstattete, die Präraffaeliten, die Arts-and-Crafts-Bewegung, japanische Holzschnitte, griechische Vasenmalerei und französische Literatur des 19. Jahrhunderts inspirierten ihn.

Ab 1888 studierte er kurz Architektur, arbeitete vorübergehend in einem Architekturbüro und ab 1889 bei einer Versicherung. 1892 begann er nebenberuflich u.a. für die Zeitschrift Pall Mall Budget tätig zu sein und wandte sich auf Anraten von Edward Burne-Jones und Pierre Cécile Puvis de Chavannes ganz dem künstlerischen Schaffen zu. Im gleichen Jahr folgte sein erster großer Auftrag des Verlegers Joseph Malaby Dent: Illustrationen und der gesamte Buchschmuck für Thomas Malorys Version der Artussage, Morte d'Arthur.

Im ersten Heft von The Studio erschien 1893 ein Artikel über Beardsley, in dem Joseph Pennell die Illustrationen des jungen Künstlers begeistert beschrieb: »[…] an artist, whose work is quite as remarkable in its execution as in its invention: a very rare combination.« Der Beitrag verhalf ihm zum internationalen Durchbruch und weiteren Aufträgen. Er illustrierte Oscar Wildes Tragödie Salomé, Erzählungen von Edgar Allan Poe, Texte des antiken Satirikers Lukian und Märchensammlungen. Dabei wandelte sich sein Stil, der anfangs durch zeitgenössische Charakteristika wie viktorianisch geprägte mittelalterliche Formen, den Japonismus und den frühen Jugendstil beeinflusst war. Beardsleys Illustrationen wurden bewegter: Er gestaltete fließende Übergänge zwischen Figuren und Ornamenten und fand zu seinem kurvig-linearen Ausdruck, der teilweise ins Arabeskenhafte tendierte, jedoch blieb er der Reduzierung auf den Schwarz-Weiß-Kontrast stets treu.

Ab 1894 gab Beardsley gemeinsam mit Henry Harland und John Lane die Zeitschrift The Yellow Book heraus und verkehrte im Künstlerkreis des Café Royal, zu dessen Mitgliedern auch Oscar Wilde gehörte. Durch einen Skandal um Wilde verlor Beardsley seine Redaktionsstelle beim Yellow Book, gründete allerdings 1896 The Savoy, wo er neben Illustrationen eigene Texte veröffentlichte. Zudem entwarf er Gebrauchsgrafik, Plakate, Porträts und Karikaturen bekannter Persönlichkeiten sowie Selbstbildnisse. Außerdem schuf er Titelseiten, Illustrationen und Buchschmuck für zahlreiche Zeitschriften. Seine Kombination von Rahmung, Bildfeld und typografischer Gestaltung wirkte dabei wegweisend. Beardsleys Sujets durchzog eine Sexualsymbolik und Mehrdeutigkeit: Die erotische Motivik, gepaart mit gesellschaftskritischer Parodie, Persiflage, Karikatur, Satire oder Groteske, war im viktorianischen England skandalös. Besonders aufsehenerregend war eine Reihe an Illustrationen für erotische Literatur – darunter Aristophanes' Lysistrata und Alexander Popes The Rape of the Lock – mit denen ihn der Verleger Leonard Smithers 1896 beauftragte.

Durch das Fortschreiten seiner Tuberkuloseerkrankung hielt er sich mehrfach in Südengland, Belgien und Frankreich auf. Er konvertierte 1897 zum Katholizismus, distanzierte sich von seinen »obszönen« erotischen Werken und arbeitete bis kurz vor seinem Tod am 16. März 1898 an Volpone.

Trotz seiner kurzen Schaffensperiode hinterließ Aubrey Beardsley ein umfassendes Œuvre, das durch die aufkommende Reproduktionstechnik weite Verbreitung in Zeitschriften wie The Studio oder Pan fand und somit v.a. Grafiker und Maler der europäischen Moderne, darunter auch die Wiener Jugendstilgrafik der Jahrhundertwende, beeinflusste.

In der Secession wurde 1899 in der »V. Ausstellung« seine Zeichnung Isolde (1895) gezeigt, und 1903 widmete sich das 6. Heft des Ver Sacrum Aubrey Beardsley. Der biografische Text von Arthur Symons erschien ursprünglich bereits 1898 und wurde für das Ver Sacrum von Anna Muthesius übersetzt. Franz Blei, der Herausgeber von Klimts Hetärengesprächen, beschrieb seine künstlerische Originalität in einem Nachruf im Pan unter anderem mit den Worten: »Er ahmt immer nach und ist selber unnachahmlich.«

Fritz Waerndorfer besaß um die Jahrhundertwende eine der bedeutendsten Beardsley-Sammlungen weltweit, und seine Affinität zu dem englischen Illustrator ließ auch Kolo Moser 1903 in ein Exlibris für Waerndorfer einfließen.

Die Galerie Miethke veranstaltete im Winter 1904/05 eine von Hugo Haberfeld kuratierte Einzelausstellung, die zum Teil mit Blättern aus Fritz Waerndorfers Sammlung bestückt wurde. In seinem Katalogbeitrag meinte Haberfeld, dass Beardsleys Krankheit seine erotisch-grotesken Fantasien begründete. Die Ausstellung zog auch die Aufmerksamkeit der Presse auf sich und Seligmann berichtete über die Werke mit:

»[…] eigentümlich aufreizende[m] Charakter […], wodurch die einen angezogen, die anderen abgestoßen werden.«

Ob Gustav Klimt mit Waerndorfers Beardsley-Sammlung vertraut war oder sich mit dessen Werk über diverse Zeitschriften auseinandersetzte, ist nicht belegt. Besonders Klimts Verkörperung der »Unmäßigkeit« innerhalb der Feindlichen Gewalten im Beethovenfries (1901/02) ähnelt Beardsleys Zeichnung Ali Baba (1897). Auch das schlangenartige Wesen im Gemälde Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa) – das Waerndorfer 1905 kaufte – könnte durch Beardsleys Third Tableau aus dem Zyklus Das Rheingold (1896) inspiriert worden sein.

Literatur und Quellen

  • ENCYCLOPÆDIA BRITANNICA. Aubrey Beardsley. www.britannica.com/biography/Aubrey-Beardsley (20.05.2020).
  • Tobias G. Natter (Hg.): Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Ausst.-Kat., Jüdisches Museum Wien (Wien), 19.11.2003–08.02.2004, Wien 2003, S. 16, S. 196.
  • Adalbert Franz Seligmann: Aubrey Beardsley. Kunstsalon Miethke, in: Neue Freie Presse, 29.12.1904, S. 10.
  • Joseph Pennell: A New Illustrator. Aubrey Beardsley, in: The Studio. An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Band 1 (1893), S. 14-18.
  • Anna Muthesius: Aubrey Beardsley, in: The Unicorn Quartos, 1898, in: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession (Hg.): Ver Sacrum. Mitteilungen der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, 6. Jg., Heft 6 (1903), S. 117-138.
  • Franz Blei: Aubrey Beardsley, in: Pan-Genossenschaft (Hg.): Pan, 5. Jg., Nummer 4 (1899/1900), S. 256-260.
  • Armin Friedmann: Salon Miethke. Beardsley, in: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, 02.01.1905, S. 1-2.
  • Stefan Grossmann: Wiener Kunstbrief, in: Prager Tagblatt, 04.01.1905, S. 1-2.
  • Linda Gertner Zatlin: Aubrey Beardsley. A Catalogue Raisonné, New Haven 2016.
  • Nathan J. Timpano: »His Wretched Hand«. Aubrey Beardsley, the Grotesque Body, and Viennese Modern Art, in: Association for Art History (Hg.): Art History, Band 40, Oxford 2017, S. 554-581.
  • Peter Wiench: Aubrey Vincent Beardsley, in: Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band VIII, Berlin - New York 1994, S. 45.
  • Hugo Haberfeld (Hg.): Aubrey Beardsley. Ausstellung von Werken alter und moderner Kunst, Ausst.-Kat., Galerie H. O. Miethke (Palais Nákó, Wien), 00.12.1904–00.01.1905, Wien 1904.