Carl Reininghaus

Egon Schiele: Carl Reininghaus, 1912
© Wien Museum

Als Kunstmäzen förderte Carl Reininghaus Gustav Klimt, Egon Schiele, Ferdinand Hodler und andere Künstler der Secession. Nach der XIV. Beethoven gewidmeten Ausstellung der Secession erwarb er den Beethovenfries von Klimt und rettete ihn vor der Zerstörung.

Carl Reininghaus stammte aus einer Grazer Bierdynastie. Er war der älteste Sohn von Julius Reininghaus und Emilie, geb. Mautner Markhof, und kam am 11. Februar 1857 in Graz zur Welt. Nachdem sein Vater früh verstorben war, erbte Carl Reininghaus ein beträchtliches Vermögen, das ihm ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit ermöglichte. Sein Kapital investierte Reininghaus in eine umfangreiche Kunstsammlung. Er gilt als wichtiger Auftraggeber und Mäzen seiner Zeit. Um 1900 besaß Reininghaus daher eine der bedeutendsten Kunstsammlungen in der Steiermark. Der Schwerpunkt seiner Sammlung lag dabei auf Werken von Hans Makart, Hans Thoma und Wilhelm von Kaulbach sowie älterer italienischer Kunst.

Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Zoë, geb. von Karajan, mit der er fünf Kinder hatte, zog Reininghaus 1904 nach Wien. Bereits davor hatte er in der Reichshauptstadt, eventuell durch seine Verwandtschaft mit der secessionsnahen Fördererfamilie Mautner Markhof bedingt, Kontakte zu jungen Secessionisten wie Gustav Klimt, Carl Moll und Egon Schiele geknüpft. Reininghaus verlegte den Fokus seiner Kunstsammlung auf moderne Kunst und förderte die Künstler der Secession aktiv. So finanzierte er beispielsweise 1899 eine gemeinsame Italienreise von Klimt und Moll.

Carl Moll berichtete über die Begeisterungsfähigkeit des Grazer Industriellen für die Secession:

»Die Eröffnung einer Sezessionsausstellung konnte er nie erwarten, schon während des Hängens belagerte er das Haus, drehte jedes Bild um, störte die Arbeitenden, war gefürchtet und – geliebt.«

Moriz Nähr: Einblick in die XIV. Secessionsausstellung, April 1902 - Juni 1902, Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung, aus dem Nachlass von Moriz Nähr
© Bildarchiv und Grafiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek

Gustav Klimt: Der Beethovenfries (Die feindlichen Gewalten), 1901/02, Österreichische Galerie Belvedere, Dauerleihgabe in der Secession, Wien
© Belvedere, Wien

Gustav Klimt: Der Beethovenfries (Die Künste, Paradieschor und Umarmung), 1901/02, Österreichische Galerie Belvedere, Dauerleihgabe in der Secession, Wien
© Belvedere, Wien

Der Beethovenfries und die Hohe Warte
Um 1900 entstand im Umfeld der Secession der Plan auf der Hohen Warte eine Künstlerkolonie zu errichten. Zu diesem Zweck erwarben die Künstlerfamilien Moll, Moser, Henneberg und Spitzer dort Baugrund. Auch Carl Reininghaus kaufte als einziger Nichtkünstler ein Grundstück auf der Hohen Warte. Sein Plan war sich eine Villa von Josef Hoffmann im Sinne eines Gesamtkunstwerks erbauen zu lassen. Aus unbekannten Gründen wurde die Villa Reininghaus jedoch nie errichtet und der Baugrund später an Carl Moll und die Familie Ast abgetreten. 

Etwa zur selben Zeit tätigte Reininghaus einen seiner wahrscheinlich größten Ankäufe auf einer Secessionsausstellung. Klimt hatte 1901/02 den Beethovenfries für die Beethovenausstellung der Secession geschaffen. Der monumentale Fries sollte eigentlich nur der Raumdekoration dienen und nach der Schau von den Wänden geschlagen werden. Carl Reininghaus meldete jedoch an, er wolle das Werk erwerben. Mehrere Zeitungen berichteten, Reininghaus würde die stolze Summe von 40.000 Kronen (ca. 291.000 Euro) für das Werk bezahlen. In einem Brief an Maria Zimmermann vom 17. Oktober 1902 schilderte Klimt jedoch, dass es sich beim tatsächlichen Kaufpreis nur um die Hälfte dieser Summe handelte. Außerdem berichtete Klimt, dass Reininghaus den Fries für ein noch nicht ausgeführtes Wohnhaus erwerben wollte:

»[...] bezüglich des >Ereignisses< [Anm. Ankauf des Beethovenfrieses] – jedenfalls hast Du das >Extrablatt< gelesen – das ist alles nicht wahr – diesbezüglich ist Alles beim Alten geblieben – nicht 40.000 sondern 20.000 und auch dieses nur falls die Bilder runter und wo anders raufzubringen sind. [...] das Haus wohin sie kommen sollen ist noch nicht gebaut – es ist noch gar nicht angefangen [...] – bis dorthin kann's den Mann längst wieder reuen«

Eventuell könnte es sich bei dem hier erwähnten Haus um jene Villa handeln, für die Reininghaus den Grund auf der Hohen Warte erworben hatte, welche dann jedoch nie ausgeführt wurde. Der Verkauf kam dennoch zu Stande. Trotz Schwierigkeiten bei der Abnahme des Frieses zeigt ein Revers von 1907, dass Reininghaus die Platten ankaufte. Klimt bestätigte hier, dass er jeweilige Schäden, die am Werk durch Abschlagen von der Wand oder Transport zustande kommen würden, nach der Überweisung des Restbetrags kostenfrei übernehmen würde. Der Verkauf dürfte durch die Galerie Miethke abgewickelt worden sein, da deren Leiter Carl Moll und dessen Mitarbeiter Hugo Haberfeld ebenfalls das Revers unterfertigten.

Reininghaus bewahrte den ungenutzten Fries bis 1915 auf. Auf persönliche Anfrage war eine Besichtigung des Werks möglich, öffentlich war der Fries jedoch in dieser Zeit nicht zu sehen. So konnte beispielsweise Eduard Buschbeck auf Vermittlung des Direktors der österreichischen Galerie, Friedrich Dörnhöffer, den Fries 1912 besichtigen. 1915 veräußerte Reininghaus das monumentale Werk an die Klimt-Sammler August und Serena Lederer.

Gustav Klimt: Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld, 16.12.1907, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Hans Ankwicz-Kleehoven
© Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung

Auktionshaus für Altertümer Glückselig Gesellschaft M.B.H. (Hg.): Gemälde und Antiquitäten aus dem Nachlasse Carl (v.) Reininghaus. Wertvolle Musikinstrumente und Künstlerdokumente aus dem Nachlasse Ernst Löwenfeld. Mobiliar und Kunstgegenstände aus Wiener Privatbesitz, Aukt.-Kat., Wien 1933.
© Universitätsbibliothek Heidelberg

Mäzen der Moderne
Neben Klimt unterstützte Reininghaus auch noch andere aufstrebende Künstler. So erwarb er im Zuge von Ausstellungen der Secession mehrere Werke von Ferdinand Hodler, darunter auch das Hauptwerk der 19. Ausstellung 1904, Die Lebensmüden (1892, Neue Pinakothek München). Auch mit Egon Schiele war Reininghaus eng verbunden. Nachweislich besuchte er den jungen Künstler wiederholt in dessen Atelier. Nach dem Vorwurf an Schiele der Verführung einer Minderjährigen stellte Reininghaus dem befreundeten Künstler finanzielle Hilfe bei dessen Prozess zur Verfügung. Schiele schuf außerdem mehrere Porträts seines Sammlers und Förderers. 1905 ließ sich Reininghaus seine Wohnung am Brahmsplatz 4, die er bis 1921 bewohnte, von Adolf Loos ausstatten. Das Interieur ist jedoch nicht erhalten.

Darüber hinaus war Reininghaus international sammlerisch tätig. Sein Interesse lag hier vor allem auf französischer Kunst. Unter anderem befanden sich in seiner Sammlung Werke von Eduard Manet, Auguste Renoir und Paul Cézanne. Immer wieder verlieh er Werke seiner Sammlung für Ausstellungen, damit sie der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten, so auch an die von Carl Moll geführte Galerie Miethke.

Als Bewunderer der modernen Kunst organisierte er außerdem Wettbewerbsausstellungen mit denen er jungen Künstlern eine Möglichkeit zur Präsentation ihrer Werke bot. So stiftete er 1913 einen Preis von 3.000 Kronen (ca. 20.300 Euro) für ein malerisches Werk. In der Jury saßen Gustav Klimt, Rudolf Junk, Josef Hoffmann und Carl Reininghaus selbst. 

1920 heiratete Reininghaus Friederike Knepper. Die Ehe blieb kinderlos. Nach seinem Tod am 29. Oktober 1929 wurde seine Sammlung, trotz seines gegenteiligen Wunsches diese als Ganzes zu bewahren, aus finanziellen Gründen teilweise veräußert. Die Haupterben waren Reininghaus' uneheliche Kinder, welche er noch vor seinem Tod offiziell adoptiert hatte. Seine fünf Kinder aus erster Ehe erhielten dagegen nur den Pflichtteil. Die Auszahlung dieses Anteils war nur durch Verkauf einzelner Werke aus der Sammlung möglich.

Literatur und Quellen

  • Lexikon der österreichischen Provenienzforschung. www.lexikon-provenienzforschung.org/reininghaus-carl (04.05.2020).
  • Kunstrückgabebeirat. www.secession.at/wp-content/uploads/2016/01/Empfehlung-des-Kunstr%c3%bcckgabebeirat.pdf (04.05.2020).
  • Reininghaus.at. www.reininghaus.at/website/carl_r.htm (04.05.2020).
  • Wien Geschichte Wiki. Brahmsplatz. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brahmsplatz (04.05.2020).
  • Christina Gschiel: „Transport der Teile ohne zu schneiden“. Die Bergung des Beethoven-Frieses aus der Sammlung Lederer in Schloss Thürnthal, in: Pia Schölnberger, Sabine Loitfellner (Hg.): Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus, Mythen – Hintergründe – Auswirkungen, Wien - Köln - Weimar 2016, S. 359-382, S. 360.
  • Carl Moll: Carl Reininghaus. Ein Gedenkwort von Carl Moll, in: Neue Freie Presse, 17.11.1929, S. 37-38.
  • Tobias G. Natter: Die Wiener haben mir nun aus dem Dreck herausgeholfen!. Ferdinand Hodler, sein Sammler Carl Reininghaus und die Folgen, in: Tobias G. Natter, Niklaus Manuel Güdel, Monika Mayer, Elisabeth Schmuttermeier, Rainald Franz (Hg.): Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte, Ausst.-Kat., Kunsthaus Zürich (Zürich), 21.05.2021–29.08.2021, Zürich 2021, S. 12-31.
  • Revers von Gustav Klimt in Wien, mitunterschrieben von Carl Moll und Hugo Haberfeld (16.12.1907). H.I.N. 15.9214, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung.
  • Brief mit Kuvert von Gustav Klimt in Wien an Maria Zimmermann in Villach (17.10.1902). S63/28.
  • Brief von Carl Reininghaus in Wien an Friedrich Dornhöffer (02/17/1913). 1913-290/2, Österreichische Galerie Belvedere, Archiv.
  • N. N.: Der Erbstreit im Hause Reininghaus beigelegt. Aufteilung der Kunstschätze, in: Die Stunde, 12.11.1931, S. 3.
  • Wiener Allgemeine Zeitung, 30.03.1906, S. 2.
  • Neue Freie Presse, 31.05.1913, S. 13.