Familie Zimmermann

Maria Zimmermann, um 1898, Privatbesitz
© Bezirksmuseum Josefstadt, Wien

Gustav Klimt: Schubert am Klavier, 1899, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Singende Mädchen. Studien für die frontal Stehende und das Mädchen auf der rechten Seite im Gemälde »Schubert am Klavier«, um 1896, Klimt-Foundation
© Klimt-Foundation, Wien

Maria Zimmermann mit ihrem Sohn Gustav Zimmermann (Detail) fotografiert von S. Fleck, um 1903, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Maria »Mizzi« Zimmermann war Gustav Klimts Modell, wurde seine Geliebte und bekam zwei gemeinsame Söhne: 1899 Gustav und 1902 Otto, der nach nur drei Monaten starb. Die umfangreiche Korrespondenz zwischen Klimt und Zimmerman gibt nicht nur einen Einblick in das Verhältnis der beiden, sondern enthält auch viele interessante Details zum Leben und Werk Gustav Klimts.

Maria Zimmermann (1879–1975)
Maria Leopoldine Katharina Zimmermann, genannt Mizzi oder Marie, wurde am 14. Mai 1879 als erste Tochter von Johann Zimmermann, Haustischler der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, und seiner Frau Katharina in Wien geboren und stammte aus einfachen Verhältnissen.

Sie lernte Gustav Klimt vermutlich um 1895 kennen, nachweisbare Korrespondenz gab es ab 1897. Sie stand Klimt Modell und wurde zu seiner Geliebten. In dem Gemälde Schubert am Klavier (1899, 1945 in Schloss Immendorf verbrannt) war sie das Vorbild für die Figur links im Hintergrund. Vergleicht man die Studien (1895/96, Moravská Galerie, S 1980: 3302; 1896, Österreichisches Theatermuseum, Wien, S 1980: 3303; um 1896, Klimt-Foundation, Wien, S 1980: 3304), Fotos von Maria Zimmermann und das 1899 ausgeführte Werk, ist die Ähnlichkeit offensichtlich. Dass sie auch als unbekleidete Schwangere für Die Hoffnung I (1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa) Modell stand, ist nicht belegbar, die Gesichtszüge der Figur im Gemälde stammen jedenfalls nicht von ihr. Auch Hermann Bahr erwähnte ihre Beziehung zu Klimt 1930 in seinem Tagebuch:

»Und daß Maler zuweilen mit ihren Modellen liebeln, soll sich überall gelegentlich ereignen [...]. Seine Freundin malt er auf dem Schubert-Bild mit einem Notenblatt in der Hand, um jene Zeit ward ihm ein Sohn geboren, der jetzt im einunddreißigsten Jahre steht, ihm folgte nach vier Jahren wieder ein Knabe.«

Als Klimt von Maria Zimmermanns Schwangerschaft erfuhr, schrieb er ihr im Mai 1899 in einem langen Brief:

»Liebes Fräulein Mizzi! Voll von Kümmernis kann ich fast nicht schreiben. In dumpfer Verzweiflung brüte ich hin. […] Die unselige Unthat lastet schwer, schwer auf mir – wie soll das enden? […] Ich habe für das werdende Leben, für Sie selbst zu sorgen für alle Zukunft, ich will es in väterlichster Weise, Sie sollen versorgt werden, als wären Sie meine Frau.«

Der Sohn Gustav wurde am 1. September 1899 geboren, nur 2 Monate, nachdem Klimts Geliebte Maria Ucicka ebenfalls einen Sohn namens Gustav zur Welt brachte.

In der Korrespondenz an Zimmermann berichtete Klimt über seinen Alltag und seine Befindlichkeiten, seine Arbeitsweise und Werke, über Reiseeindrücke, seinen Tagesablauf und über seine Sorgen und Freuden mit dem kleinen Gustav. Zudem betonte er, sie sollte ihm nur in dringenden Fällen Briefe in die Sommerfrische schicken, da der ganze Ort mitbekommt, wer ihm schreibt. Wie die beiden anderen Mütter seiner Kinder – Maria Ucicka und Consuela Camilla Huber – erhielt sie finanzielle Unterstützung in Form monatlicher Geldsendungen, die sie persönlich, postalisch oder per Dienstmann erhielt. Zusätzlich finanzierte er ihr eine Wohnung in der Tigergasse 38, die sich in der Nähe seines Ateliers in der Josefstädter Straße 21 im 8. Bezirk befand, sowie jährliche Sommeraufenthalte in Villach. Unter den Briefen von Zimmermann an Klimt waren auch immer Geburtstagsglückwünsche am 14. Juli und Namenstagsgrüße am 2. August, für die sich Klimt meist mit einem kleinen Gelbetrag im Antwortschreiben bedankte.

Maria Zimmermann brachte am 22. Juni 1902 den zweiten gemeinsamen Sohn Otto zur Welt, der nach nur 3 Monaten verstarb. Klimt besuchte sie und den Sohn Gustav nur gelegentlich und ihr Wunsch geheiratet zu werden, ging nie in Erfüllung. Die Korrespondenz von Gustav Klimt an Maria Zimmermann umfasst viele überlieferte Briefe und Karten aus der Zeit von 1899 bis 1903, da es Ende 1903 zu einem Bruch kam, dessen Grund nicht weiter bekannt ist. Danach erhielt sie die Geldzuwendungen nur noch über den Hof- und Gerichtsadvokaten Dr. Julius Krickl.

Nach Klimts Tod 1918 bekam der Sohn Gustav eine Abfindung und sie arbeitete als Näherin und Straßenbahnschaffnerin. Sie heiratete 1931 den pensionierten Straßenbahnschaffner Leopold Graindl, der 1937 starb. Maria Zimmermann wurde 95 Jahre alt und starb am 10. Jänner 1975 in Wien.

Gustav Zimmermann fotografiert von Ant. Duras, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Zimmermann (1899–1976)
Gustav Josef Max Zimmermann wurde am 1. September 1899 geboren und war das gemeinsame Kind von Gustav Klimt und Maria Zimmermann. Er kam nur zwei Monate nach Gustav Ucicky, dem Sohn von Klimt und Maria Ucicka zur Welt. Sein Taufpate wurde Josef Ritter von Savinschegg, ein k. k. Truchsess, Landwehr-Rittmeister, Landtagsabgeordneter und Gutsbesitzer in Krain (heute: Slowenien), dessen Verbindung zu Zimmermann und Klimt nicht ganz klar ist. Mit Zimmermann dürfte er über viele Jahre freundschaftlich verbunden gewesen sein, sie haben korrespondiert, sich in Wien und Villach getroffen und er unterstützte sie finanziell.

Um 1902 malte Gustav Klimt seinen Sohn auf einem quadratischen Karton, wobei die Bleistiftzeichnung durch das flüchtige, in Öl angelegte Porträt Gustav Zimmermanns (um 1902, Privatbesitz) scheint. Klimt besuchte Marie Zimmermann und den kleinen »Gusterl« zwar nur ab und zu, erkundigte sich aber regelmäßig durchaus liebevoll über den Sohn. Dieser verfasste am 14. Juli 1912 sogar ein Gedicht an seinen »lieben Papa«, das er mit »[…] wünscht dir zum 50. Geburtstag Dein Gusti« unterzeichnete und wohl aus einem Poesiealbum abschrieb.

Überlieferungen der Familie zufolge sah er seinen Vater zuletzt im Jahr 1917. Nach Gustav Klimts Tod 1918 klärte der Hof- und Gerichtsadvokat Dr. Otto Eckstein seine Verlassenschaft, wobei dem Sohn 4.000 Kronen angeboten wurden. Nach Bemühungen um die Ansprüche des Minderjährigen Gustav Zimmermann – auch die Familienangehörigen und die drei unehelichen Kinder aus den Beziehungen mit Maria Ucicka und Consuela Huber hatten finanzielle Ansprüche – wurde ihm am 19. Dezember 1919 ein Abfindungsbetrag von 5.000 Kronen zugesprochen.

Gustav Zimmermann heiratete zweimal: Mit der ersten Frau Johanna Blaschek bekam er drei Kinder, die zweite Ehe wurde 1945 geschlossen. Er starb am 8. April 1976 in Wien.

Gustav Klimt: Totenbildnis Otto Zimmermann, 1902, Leopold Privatsammlung: Totenbildnis Otto Zimmermann, 1902, Leopold Privatsammlung, Wien
© Leopold Museum, Wien

Otto Zimmermann (1902–1902)
Der zweite gemeinsame Sohn von Gustav Klimt und Maria Zimmermann wurde am 22. Juni 1902 in Wien geboren. Klimt berichtete an Marias Mutter Katharina:

»Liebe Frau Zimmermann! Heute ¾ 3 Uhr morgens ist ein kleines Buberl angekommen. – wider Erwartens – wahrscheinlich durch eine zu heftige Bewegung veranlasst. Geburt war sehr schmerzhaft – ein zur Vorsorge herbeigeholter Arzt brauchte aber nicht einzugreifen. Die Geburtsfrau hat sich sehr gut bewährt. Mutter und Sohn – und Vater befinden sich wol.«.

Der Sohn wurde auf den Namen Otto Josef Johann Gustav getauft, die Taufpaten waren Josef Ritter von Savinschegg – wie schon beim älteren Bruder Gustav – und der Großvater Johann Zimmermann. Otto starb nach nur drei Monaten am 11. September 1902 an einem Magendarmkatarrh und Gustav Klimt schuf eine berührende Zeichnung (1902, Privatbesitz, S 1980: 999) des toten Sohnes. Anlässlich des Sterbetages schickte er einen Brief an Katharina:

»Liebe Frau Zimmermann! Erlaube mir beiliegend 10 Kronen zu senden, ich sende dieselben an Sie, auf Mizzis Wunsch und hoffe dass Sie nicht böse sind wenn ich die Bitte daran knüpfe das Geld zur Schmückung von ›Otterl‘s‹ Grab mit Blumen oder einem Kranze, oder mit Beiden, zu verwenden – es jährt sich sein Sterbetag – das arme Otterl! Ich danke im Voraus für Ihre Liebenswürdigkeit. Mit den allerherzlichsten Grüßen Ihr Gustav Klimt«

Literatur und Quellen

  • Alice Strobl (Hg.): Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Band IV, 1878–1918, Salzburg 1989, S. 54-57, S. 64-65.
  • Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.): Chiffre: Sehnsucht – 25. Gustav Klimts Korrespondenz an Maria Ucicka 1899–1916, Wien 2014.
  • Hansjörg Krug: Gustav Klimt selbstredend, in: Tobias G. Natter, Franz Smola, Peter Weinhäupl (Hg.): Klimt persönlich. Bilder – Briefe – Einblicke, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 24.02.2012–27.08.2012, Wien 2012, S. 458-504.
  • Brief von Gustav Klimt an Katharina Zimmermann sen. (Ende August 1903). S63/38.
  • Brief von Gustav Klimt an Katharina Zimmermann sen. (23.06.1902). S63/36.
  • Brief von Gustav Klimt in Wien an Maria Zimmermann (Mai 1899). S63/2.
  • Brief von Otto Kiebacher in Wien an Maria Zimmermann in Wien (19.12.1919). S64/262.
  • Brief von Julius Krickl in Wien an Maria Zimmermann in Wien (02.12.1909). S64/260.
  • Brief von Julius Krickl in Wien an Maria Zimmermann in Wien (04.02.1915). S64/261.
  • Brief von Otto Kiebacher in Wien an Maria Zimmermann in Wien (10/29/1919).
  • Brief von Otto Kiebacher in Wien an Maria Zimmermann (06/04/1919).
  • Bezirksmuseum Josefstadt (Hg.): Mizzi Zimmermann. Gustav Klimt und die Josefstadt, Ausst.-Kat., Bezirksmuseum Josefstadt (Wien), 02.10.2007–10.02.2008, Wien 2007.
  • Alfred Weidinger (Hg.): Gustav Klimt, München - Berlin - London - New York 2007, S. 274-275, Nr. 158.
  • Hermann Bahr: Tagebuch. Von Hermann Bahr. 8. Dezember, in: Neues Wiener Journal, 28.12.1930, S. 14-15.