Familie Klimt

70. Geburtstag von Anna Klimt mit ihrer Familie, 27.01.1906, ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien
© Leopold Museum, Wien

Ernst Klimt: Porträt des Vaters Ernest Klimt sen. in Holländischer Tracht, 1892
© Klimt-Foundation, Wien

Anna Klimt sen. (Detail)
© ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien

Gustav Klimt kam am 14. Juli 1862 in Baumgarten bei Wien als erstgeborener Sohn des Goldgraveurs Ernest Klimt sen. und seiner Frau Anna Klimt (geb. Finster) zur Welt. Insgesamt hatte das Ehepaar Klimt sieben Kinder, von denen jedoch nur sechs das Erwachsenenalter erreichten. Die engen Bande die Gustav Klimt mit seiner Familie verbanden, zeigen sich in zahlreichen Porträts, seiner Korrespondenz sowie den vielen gemeinschaftlichen Arbeiten der Klimt Brüder.

Ernest Klimt und Anna Klimt - von der Wiege zum Künstler
Ernest Klimt sen. wurde in 1834 in Prag geboren. Er kam mit seinen Eltern als Kind nach Wien und erlernte den Beruf des Goldgraveurs. Am 17. Juli 1860 heiratete er die in Wien gebürtige, Anna Rosalia Finster. Ihr erstes Kind, Klara, wurde noch im selben Jahr geboren. Am 14. Juli 1862, kam der erstgeborene Sohn, Gustav, auf die Welt. Ihm folgten Ernst jun., Georg, Hermine, Anna und Johanna Klimt.

Die Familie Klimt, durch den Handwerksberuf des Vaters von Haus aus nicht vermögend, verlor durch Spekulationen rund um die Weltausstellung Wien (1873) all ihre Ersparnisse. Die Kinder wuchsen daher in ärmlichen Verhältnissen auf. Immer wieder musste die Familie umziehen, da sie die Miete nicht mehr aufbringen konnte. Der zweite schwere Schicksalsschlag ereilte die Klimts kaum ein Jahr später. 1874 starb Gustavs kleine Schwester Anna mit nur 5 Jahren.

Aufgrund der Tätigkeit des Vaters als Graveur ist es anzunehmen, dass dieser für seine Söhne ebenfalls eine künstlerische Laufbahn anstrebte. Ursprünglich sollten der talentierte Gustav und sein Bruder Ernst jun. Zeichenlehrer werden und besuchten zu diesem Zweck die k. k. Kunstgewerbeschule (heute: Universität für angewandte Kunst). Die beiden übertrafen jedoch alle Erwartungen und wechselten 1878 an die Fachschule für Zeichnen und Malen, wo sie zu akademischen Malern ausgebildet wurden.

Auch der jüngste Bruder, Georg Klimt, begann 1889 sein Studium an der k. k. Kunstgewerbeschule. Er erlernte das Modellieren und die Ziselierkunst und arbeitete in Folge als Metallbildhauer. Sobald die jungen Künstler ihre ersten entgeltlichen Aufträge erhielten, konnten die drei Brüder die Familie finanziell unterstützen. Während ihrer Studienzeit schufen die drei Klimt Söhne zahlreiche Porträts der Eltern und Geschwister. Freunde und Familie dienten Ernst und Gustav zudem auch immer wieder als Modelle für einzelne Figuren in ihren Auftragswerken. Zu diesem Zweck entstanden im Atelier der Brüder Klimt und Franz Matsch (deren Freund und Kollege) etliche Fotografien, welche die Geschwister Klimt in historischen Kostümen zeigen. Im Gemälde Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg (1892–1894, Privatbesitz) kann man beispielsweise unter den Zuschauern Klara, Hermine, Georg, Johanna und Anna Klimt sen. erkennen.

1892 ereilten die Familie erneut zwei Schicksalsschläge. Im Juli starb Ernest Klimt sen. und im Dezember der erst 28jährige, frisch verheiratete Ernst Klimt jun. Gustav übernahm als ältester Sohn pflichtbewusst die Vormundschaft für seine Mutter und seine beiden unverheirateten Schwestern Hermine und Klara. Gemeinsam zogen sie in eine Wohnung in der Westbahnstraße 36. In einem Brief an Maria Zimmermann schilderte er, dass dies der letzte Wunsch seines Vaters gewesen war:

»[…] ich habe meine arme Mutter und unversorgte Schwestern zu erhalten, weinend hat mir mein Vater am Totenbette, ihr Schicksal an‘s Herz gelegt, mich gebeten sie nie zu verlassen.«

Gleichzeitig übernahm er die Vormundschaft für Helene »Lentschi« Klimt, die kaum ein halbes Jahr alte Tochter seines verstorbenen Bruders Ernst.

Um 1897/98 malte Gustav Klimt, der gerade dabei war sich als Porträtmaler einen Namen zu machen, ein großformatiges Gemälde seiner Mutter (Porträt Anna Klimt, 1897/98, Verbleib unbekannt) und ein Porträt seiner Nichte Helene Klimt jun. (Porträt Helene Klimt, 1898, Privatbesitz). Im Februar 1915 starb Anna Klimt sen. mit 81 Jahren. Georg, Hermine, Klara und Johanna sollten ihren Bruder überleben und zahlreiche Zeugnisse über dessen Leben und Wirken verfassen.

Ernst Klimt fotografiert von Carl Schuster (Detail), vermutlich 1892
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt: Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg, 1892-1894, Privatbesitz
© Galerie Welz

Ernst Klimt (1864–1892) und Gustav Klimt (1862–1918) als Malerduo
Die Brüder Gustav und Ernst Klimt hatten sowohl privat als auch beruflich ein sehr enges Verhältnis. Nachdem sie im Studium Franz Matsch kennen lernten, beschlossen die drei sich zu einer Künstlergemeinschaft zusammenzuschließen, die in der Forschung allgemein als »Künstler-Compagnie« bezeichnet wird. Von 1882 bis 1892 arbeiteten die jungen Maler vor allem an Dekorationsarbeiten. Zu ihren wichtigsten Aufträgen gehörten die malerische Ausstattung des Stiegenhauses im neu errichteten Burgtheater sowie die Gestaltung der Zwickelbilder im Treppenhaus des Kunsthistorischen Museums.

1891 heiratete Ernst Klimt Helene Flöge, eine von drei Töchtern eines vermögenden Wiener Fabrikanten. Ein Jahr später kam die gemeinsame Tochter, ebenfalls Helene »Lentschi« genannt zur Welt. Diese Verbindung brachte nicht nur die »Künstler-Compagnie« in die Kreise des Wiener Großbürgertums, sie machte auch Gustav Klimt mit Emilie Flöge bekannt. Die Schwester seiner Schwägerin sollte ab diesem Zeitpunkt eine wichtige Bezugsperson für Gustav darstellen.

Nach dem Tod von Ernst Klimt 1892 übernahm Gustav die Vormundschaft für seine noch kein halbes Jahr alte Nichte Helene. Dadurch wurde er zu einem vollwertigen Mitglied der Familie Flöge.

Ernst Klimt ließ nach seinem Tod das Gemälde Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg unvollendet zurück. Gustav Klimt machte es sich zur Aufgabe dieses für seinen Bruder zu vollenden. Wie schwer ihm dies fiel schilderte seine Schwester Hermine:

»So oft er anfangen wollte, zu malen, konnte er nicht und war schon ganz verzweifelt. Wenn er nach Hause kam, sagte er: ›Ich kann's nicht fertig machen!‹«

Schlussendlich vollendete Klimt das Werk doch und ließ es 1895 auf der »XXIII. Jahresausstellung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens« unter dem Namen des Bruders präsentieren.

Georg und Franziska Klimt
© Belvedere, Wien

Georg Klimt (1867–1931)
Georg Klimt entschied sich wie seine beiden älteren Brüder für einen künstlerischen Werdegang. Statt einer Laufbahn als Maler, schlug er jedoch eine Karriere als Metallbildhauer und Medailleur ein. Georg machte sich 1896 selbstständig und wurde Lehrer an der Kunstschule für Frauen in Wien (ab 1926: Wiener Frauenakademie). Nicht nur Ernst und Gustav arbeiteten gemeinsam an Aufträgen. Auch der jüngste Bruder wurde des Öfteren für Zusammenarbeiten herangezogen. Georg fertigte beispielsweise den Rahmen für Judith I (1901, Belvedere, Wien) von Gustav Klimt nach dessen Entwurf an. Außerdem erledigte er die Treibarbeiten für die Türen des Secessionsgebäudes (seit 1945 verschollen) und fertigte das Kreuz für das Grab der Eltern an, ebenfalls nach einem Entwurf von Gustav.

1901 heiratete Georg Klimt Franziska »Fanny« Prachersdorfer, die Ehe blieb jedoch kinderlos. Vor seinem Tod 1931 hielt er das Leben seines berühmten Bruders Gustav Klimt in mehreren Bänden schriftlich fest.

Hermine, Anna und Klara Klimt in der Familienwohnung Westbahnstraße 36
© ALBERTINA, Wien

Klara Klimt (1860–1937) und Hermine Klimt (1865–1938)
Klara Klimt war das älteste Kind der Familie. Sie dürfte schon als junges Mädchen an psychischen Störungen gelitten haben und heiratete vermutlich deshalb niemals. Klimt selbst schrieb 1899 über sie: »[…] meine ältere Schwester ist vor einigen Jahren verrückt geworden.« Um 1880 malte Gustav ein Porträt seiner älteren Schwester (Porträt Klara Klimt, um 1880, ARGE Sammlung Gustav Klimt).

Auch die zweitgeborene Tochter Hermine blieb Zeit ihres Lebens ledig. Die beiden teilten sich bis zu Gustav Klimts Tod 1918 mit diesem die Wohnung in der Westbahnstraße 36. Hermine hinterließ der Nachwelt eine wichtige Primärquelle, ihre Aufzeichnungen über ihren Bruder Gustav. Diese Berichte sowie diverse Ansichtskarten mit Glückwünschen schildern ein enges, wenn auch oft wortkarges Verhältnis der Familienmitglieder.

Mit dem Tod Gustav Klimts 1918 erlosch auch die finanzielle Absicherung von Klara und Hermine. Zwar konnten die beiden eine Zeit lang von den Verkäufen der Zeichnungen und Gemälde aus dem Nachlass ihres Bruders (Nachlassstempel »Nachlass meines Bruders - Hermine Klimt«) leben, kamen aber bald in eine finanzielle Notlage. 1924 sicherte Gustav indirekt auch über seinen Tod hinaus nochmals für die Versorgung seiner zwei ledigen Schwestern. Die Illustrierte Kronenzeitung berichtete am 6. Februar 1924, dass Hermine und Klara eine Ehrenpension (laufende finanzielle Zuwendung an einkommensschwache oder einkommenslose Kulturschaffende und ihre Angehörigen) der Stadt Wien über sechs Millionen Kronen (ca. 2.500 Euro) jährlich zugesprochen bekämen.

Eine Ausstellungskorrespondenz von 1926 belegt außerdem, dass Hermine Klimt das heute verschollene Porträt Anna Klimt geerbt hatte. Das Gemälde der Mutter wurde trotz monetärer Engpässe nicht verkauft, sondern blieb in Familienbesitz. Nach Klaras und Hermines Tod 1938 ging es an Johanna Klimt (verh. Zimpel).

Johanna Zimpel als Modell
© Klimt-Foundation, Wien (Schenkung Archiv Nebehay)

Johanna Klimt verh. Zimpel (1873–1950)
Johanna war das jüngste Kind der Familie Klimt und die einzige verheiratete Tochter. 1895 fand ihre Hochzeit mit dem Buchhalter Julius Zimpel sen. statt bei der Gustav Klimt als Trauzeuge fungierte. Die beiden bekamen vier Kinder: Julius, Gustav, Rudolf und Eleonora. Die Verbindung zwischen Gustav Klimt und seiner Schwester sowie deren neuer Familie war sehr eng. Klimt war nicht nur Onkel sondern auch Taufpate und Namensgeber der beiden Buben Julius Gustav Zimpel jun. und Gustav Zimpel. Zahlreiche Ansichtskarten mit Glückwünschen zeigen den regen Kontakt und Fotografien belegen gemeinsame Weihnachtsfeste und zumindest einen Familienurlaub am Attersee.

Der älteste Sohn Julius jun. wies schon früh künstlerische Begabung auf, die von seinem Onkel gefördert wurde. In zahlreichen Ansichtskarten bedankte sich Gustav Klimt für Zeichnungen oder Bilder des Jungen:

»Besten Dank für die lieben Gratulationen und die Zeichnungen welche sehr schön waren«.

Dabei meinte er die Motive der Ansichtskarten, welche der junge Bub grafisch selbst gestaltet hatte. Julius Zimpel jun. besuchte von 1911 bis 1914 die k. k. Akademie der bildenden Künste Wien und wurde ein erfolgreicher Maler und Grafiker. 1923 übernahm er die künstlerische Leitung der Wiener Werkstätte.

Julius Zimpel: Glückwunschkarte zum Namenstag, Klimt-Foundation, Wien
© Klimt-Foundation, Wien

Gustav Klimt und Familie Zimpel, Dezember 1916, ARGE Sammlung Gustav Klimt, Dauerleihgabe im Leopold Museum, Wien
© Leopold Museum, Wien

Nach dem Tod Gustav Klimts erbte Johanna Zimpel einige Stücke aus dem Nachlass ihres Bruders. Das meiste davon dürfte wohl aus dem Bestand ihrer 1937/38 verstorbenen Schwestern Hermine und Klara stammen, so auch das Porträt Anna Klimt. Ein Zeitungsbericht anlässlich ihres Todes 1950 bezeichnete ihre Wohnung in der Mollardgasse 11 als ein »kleines Klimt-Museum«.

Literatur und Quellen

  • Sandra Tretter, Hans-Peter Wipplinger (Hg.): Gustav Klimt. Jahrhundertkünstler, Ausst.-Kat., Leopold Museum (Museums Quartier, Wien), 22.06.2018–04.11.2018, Wien 2018.
  • Mona Horncastle, Alfred Weidinger: Gustav Klimt. Die Biografie, Wien 2018.
  • Christian M. Nebehay (Hg.): Gustav Klimt. Dokumentation, Wien 1969, S. 9-27.
  • Brief von Gustav Klimt in Wien an Maria Zimmermann (Mai 1899). S63/2.
  • Ansichtskarte von Gustav Klimt in Seewalchen am Attersee an Julius Zimpel jun. in Wien (03.08.1906). S451.
  • Taufbuch 1904 (Tomus 88), röm.-kath. Pfarre Gumpendorf, Wien, fol. 12.
  • Taufbuch 1896 (Tomus 80), röm.-kath. Pfarre Gumpendorf, Wien, fol. 148.
  • Trauungsbuch 1892/95 (Tomus 56), röm.-kath. Pfarre St. Ulrich, Wien.
  • Die Bühne. Wochenschrift für Theater, Film, Mode, Kunst, Gesellschaft, Sport, 6. Jg., Heft 243 (1929).
  • Illustrierte Kronen Zeitung, 06.02.1924, S. 5.
  • Wien Geschichte Wiki. Julius Zimpel. www.geschichtewiki.wien.gv.at/Julius_Zimpel (24.07.2020).
  • N. N.: Eine Schwester Gustav Klimts gestorben, in: Neues Österreich, 28.07.1950, S. 4.
  • Rose Poor-Lima: Eine alte Wiener Künstlerfamilie. Das Erbe des Maler-Apostels Gustav Klimt, in: Neues Wiener Tagblatt, 29.12.1940, S. 17.
  • Rose Poor Lima: Besuch bei Hermine und Klara Klimt, in: Wiener Zeitung, 22.10.1933, S. 14-15.
  • Agnes Husslein-Arco (Hg.): Gustav Klimt und die Künstler-Compagnie, Ausst.-Kat., Oberes Belvedere (Wien), 20.06.2007–14.10.2007, Weitra 2007.